Eine GmbH kann einem Geschäftsführer im Geschäftsführeranstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auferlegen. Dieses ist jedoch nur dann gültig, wenn dem Geschäftsführer für diese Einschränkung in seiner Berufsfreiheit auch eine Karenzentschädigung im Sinne der §§ 74ff HGB zugesprochen wird. Das OLG München hat nun mit einem inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 28. Juli 2010 entschieden, dass die GmbH zwar auf ein solches ursprünglich vereinbartes Wettbewerbsverbot verzichten kann, jedoch erst nach Ablauf einer der Kündigungsfrist entsprechenden Dispositionsfrist. Darüber hinaus wurden in diesem Urteil Feststellungen zur Ansetzung der Höhe der Karenzentschädigung für die Überlassung eines Dienstwagens Stellung genommen:
Ist in einem GmbH-Geschäftsführeranstellungsvertrag ein Wettbewerbsverbot gegen Karenzentschädigung vereinbart kann die Gesellschaft, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch nach Beendigung des Anstellungsvertrags auf das Wettbewerbsverbot verzichten mit der Folge, dass die Karenzentschädigung entfällt. Allerdings ist in diesem Fall das Dispositionsbedürfnis des ehemaligen Geschäftsführers zu berücksichtigen, der bis zur Ausübung des Verzichts davon ausgehen durfte, er müsse seinen Lebensunterhalt auf einem anderen Geschäftssektor suchen und könne insoweit auf die Karenzentschädigung zurückgreifen. Die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung entfällt daher erst nach Ab- lauf einer der Kündigungsfrist entsprechenden Dispositionsfrist.
Hat eine GmbH ihrem Geschäftsführer nach dem Anstellungsvertrag einen Firmenwagen auch zur privaten Nut- zung überlassen und bemisst sich die Höhe der Karenzent- schädigung nach der gesamten monatlichen Brutto-Vergütung, ist der monatliche Wert der privaten Nutzungsmöglichkeit des Firmenwagens nicht mit dem Kostenvorteil nach der ADAC-Autokostenberechnung, sondern mit der steuerlichen Bewertung nach § 6 Abs. 1 Nr.4 EStG anzusetzen.
(Aktenzeichen: 7 U 2417/10)
In diesem Urteil bringt das OLG München deutlich zum Ausdruck, dass zwar seitens der Gesellschaft ein berechtigtes Interesse an einem Wettbewerbsverbot besteht (hier zum Schutz einer neuartigen Technologie) und das vereinbarte Wettbewerbsverbot daher in jedem Falle wirksam ist. Jedoch kann die GmbH noch einen Verzicht auf das Wettbewerbsverbot erklären, was zur Folge hat, dass der Geschäftsführer dann keinen Anspruch mehr auf die Karenzentschädigung hat.
Jedoch muss hierbei zu Gunsten des Geschäftsführers berücksichtigt werden, dass dieser bis zur Ausübung des Verzichts der GmbH davon ausgeht, dass er seine Einkünfte auf einem anderen Geschäftsfeld als dem der GmbH erzielen muss. Diese Ausgangssituation ändert sich durch den Verzicht der GmbH auf das Wettbewerbsverbot. Auf diese neue Lage müsse sich der Geschäftsführer aber dann auch einstellen können, weshalb die Karenzentschädigung nicht sofort mit einer Erklärung des Verzichts entfallen könne. Vielmehr müsse die Frist zur Zahlung der Karenzentschädigung „nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien“ bemessen werden.
Da in dem zu entscheidenden Falle keine entsprechende Regelung im Geschäftsführervertrag vorgesehen war. Insoweit greift das OLG München auf die in dem Vertrag vereinbarte Kündigungsfrist von einem Jahr zurück. Dies entspricht zufällig ohnehin der in § 75a HGB:
Der Prinzipal kann vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbverbot mit der Wirkung verzichten, daß er mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird.
Auch nach dieser Vorschrift des Handelsgesetzbuch wird der Prinzipal (hier die GmbH) ein Jahr nach der Erklärung des Verzichts von der Zahlung der Karenzentschädigung frei. Nach Meinung des OLG München kann diese Frist nur dann kürzer sein, wenn in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag eine kürze Kündigungsfrist als von einem Jahr vereinbart ist.
Praxistipp:
Seitens der GmbH sollte tunlichst darauf geachtet werden, dass in dem Dienstvertrag mit dem Geschäftsführer nicht allzu lange Kündigungsfristen vereinbart werden und darüber hinaus ausdrückliche Regelungen über den Verzicht auf etwaige Wettbewerbsverbote bestehen.
Seitens des Geschäftsführers ist darauf zu achten, dass die GmbH nicht schon mit der Erklärung des Verzichts auf das Wettbewerbsverbot von der Zahlung der Karenzentschädigung frei wird, sondern eben erst nach Ablauf einer angemessenen Frist, die im Einzelfall zu bestimmen ist. Wird aber in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag keine Karenzentschädigung vereinbart, so ist dies an den Geschäftsführer auch nicht zu zahlen, denn anders als bei sonstigen Handlungsgehilfen, ist bei einem GmbH-Geschäftsführer ein Wettbewerbsverbot nicht schon dadurch nichtig, dass keine Kompensation durch eine Karenzentschädigung vorgesehen ist (vgl. BGH-Urteil vom 28.04.08 Az: II ZR 11/07). GmbH-Geschäftsführer haben nach diesem Urteil des BGH eben nur dann einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung, wenn diese vereinbart wurden, müssen sich im Gegenzug dann aber nicht einmal anrechnen lassen muss, was diese während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbot durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwerben. Dies begründet der BGH in seiner Entscheidung vom 28.04.08 damit, dass die Anrechnungsvorschrift des § 74 c Abs. 1 HGB auf GmbH-Geschäftsführer nicht entsprechend anwendbar ist: der Anrechnung des Erwerbs aus einer anderweitigen Verwertung der Arbeitskraft liege der Gedanke zu Grunde, einem Arbeitnehmer keinen Anreiz zu geben, untätig zu bleiben. Der Arbeitnehmer solle nicht zur Kündigung verleitet werden, allein um eine Karenzentschädigung beziehen zu können. Die Entlastung des Arbeitgebers von der Zahlung der Karenzentschädigung sei nicht Zweck der Regelung des § 74 c Abs. 1 HGB, sondern nur deren Reflex. Von diesem Schutzzweck sei der GmbH-Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft nicht betroffen, denn er nimmt ja selbst für die GmbH deren Arbeitgeberrechte wahr und hat insoweit eine Doppelstellung.
Jan Köster
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.