Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 1. Januar 2024 ging eine Flut von Neuerungen durch das deutsche Gesellschaftsrecht – neue „Hausnummern“ , Einschübe und Streichungen sowie insbesondere im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zahlreiche Erleichterungen: Was seit Jahren ständige Rechtsprechung war, wird nun kodifiziertes Gesetzesrecht.
Haftung
Zum Umfang der Pflichten eines Geschäftsführers
Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH hängt maßgeblich vom Umfang seiner jeweiligen Pflichten ab. Spannend wird dies insbesondere dann, wenn die wesentliche Aufgabe der GmbH in der Führung einer Kommanditgesellschaft besteht (GmbH & Co. KG). In diesem Fall besteht ein Haftungsrisiko auch gegenüber der KG und nicht lediglich gegenüber „seiner“ GmbH. Über den genauen Umfang dieser Geschäftsführerpflichten hat das OLG Nürnberg [Urt. v. 30.3.2022 – 12 U 1520/19] entschieden.
Sachverhalt des zu entscheidenden Falls:
Die klagende GmbH & Co. KG macht – vertreten durch eine Kommanditistin – Schadenersatzansprüche gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend.
Die Klägerin vertreibt Mineralölprodukte und gibt für Kunden mit größeren Fuhrparks auf deren Antrag Tankkarten aus, die das bargeldlose Tanken in von der Klägerin betriebenen Tankstellen ermöglichen.
Nachdem die Einhaltung von Kreditlimits für ausgegebene Tankkarten zunächst nicht kontrolliert worden war, was zu Zahlungsausfällen führte, wurden in der Folge Schulungen für die Geschäftsführung durchgeführt, bei denen die Kreditvergabe an Kunden und das Vier-Augen-Prinzip erörtert wurden.
Exkurs zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist schnell gegründet – das eine oder andere Mal gar ohne dass es von den Gesellschaftern bemerkt wird. Ob die BGB-Gesellschaft für den nachhaltigen Aufbau eines Unternehmens die richtige Rechtsform ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
1. Was ist eine BGB-Gesellschaft?
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist eine auf Vertrag beruhende Personenvereinigung zur Förderung eines von ihren Gesellschaftern verfolgten Zweckes, § 705 BGB.
Haftungsfalle Firmenfortführung, § 25 HGB
Die Grundlage der Firmenfortführung ist in § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB geregelt:
„Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. …“
Demnach besteht eine Unternehmensfortführung im Allgemeinen immer dann, wenn der Betrieb nahezu unverändert durch den bisherigen oder einen neuen Inhaber in seinen wesentlichen Bestandteilen fortgeführt wird.
Lohnsteuerhaftung eines technischen Geschäftsführers
Keine Haftung eines technischen Geschäftsführers für Lohnsteuer bei positiver Darstellung der Unternehmenslage durch den kaufmännischen Geschäftsführer
Beschäftigt eine GmbH mehrere Geschäftsführer, so müssen alle die steuerlichen Pflichten der GmbH wahrnehmen. Das wird in der Stellung eines gesetzlichen Vertreters und der daraus resultierenden Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer begründet. Durch eine Pflichtverletzung im Bereich der Lohnsteuer kann das Finanzamt per Haftungsbescheid grundsätzlich sämtliche Geschäftsführer in Haftung nehmen. Die steuerlichen Aufgaben beinhalten nach § 38a EStG die Berechnung der Lohnsteuer und deren Einbehalten, Anmelden und Abführen nach §§ 38 Abs. 1, 41a Abs. 1 EStG.
Compliance in der GmbH
Bei Compliance denken die meisten Leser vermutlich an große Aktiengesellschaften aus der Finanz- oder Versicherungsbranche, die ganze Heerscharen an externen Compliance Beratern und internen Compliance Abteilungen unterhalten. Vielen ist jedoch nicht bewusst, dass dieser Thematik gerade auch bei GmbHs mit nicht ganz kleinem Geschäftsumfang eine wesentliche Bedeutung mit Haftungsrisiken für den Geschäftsführer zukommt.
Haftung: Zahlungen nach vermuteter Zahlungsunfähigkeit
Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 II 1 InsO dient nicht nur als Anknüpfungspunkt für die Insolvenzantragspflicht, sondern auch als Anknüfungspunkt für den Haftungstatbestand des § 64 GmbHG. Nach diesem haftet ein GmbH Geschäftsführer für alle Zahlungen, die er nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit tätigt und die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Was genau bei der wichtigen Bestimmung dieses Zeitpunktes zu beachten ist, hat der BGH in einer kürzlich ergangenen Entscheidung herausgearbeitet. Leitsätze:
Geschäftsführer haftet (unabhängig von seiner Kenntnis) persönlich für unzulässige Werbemails
Nach einem Urteil des Landgericht Berlin begründet die unverlangte Zusendung von E-Mail-Werbung einen Unterlassungsanspruch des Empfängers gegen die werbende Firma und auch gegen den gesetzlichen Vertreter persönlich. Der Unterlassungsanspruch richtet sich zudem nicht nur auf die konkret betroffene E-Mail-Adresse, sondern sämtliche E-Mail-Adressen des Empfängers.
Vorsorgepflichten des Geschäftsführers für seinen Ausfall
Ein Geschäftsführer einer GmbH hat Vorkehrungen zu treffen, um bei seiner plötzlichen Abwesenheit die Handlungsfähigkeit der GmbH zu gewährleisten.
Im vorliegenden Fall trat der Geschäftsführer einer GmbH während eines laufenden Insolvenzverfahrens eine längerfristige Haftstrafe an, ohne für seine Vertretung oder anderweitigen Ersatz gesorgt zu haben. Dass er sich weder vor dem Haftantritt noch kurz danach um eine geeignete Vertretung bzw. die Niederlegung seines Amtes bemühte, wertete das Finanzgericht als grob fahrlässige Verletzung seiner Obliegenheitspflichten und nahm ihn für nicht beglichene Steuerschulden mit seinem Privatvermögen voll in Haftung.
Haftung eines ausgeschiedenen Scheingesellschafters einer GmbH
Wird ein Scheingesellschafter einer GmbH niemals Gesellschafter, weil er nie einen Geschäftsanteil erworben hat, kann der Insolvenzverwalter nicht nach dessen Ausscheiden ihn zur Zahlung der Stammeinlage heranziehen.
OLG Frankfurt/m., Urt. v. 17.6.2009 – 13 U 104/08 (nicht rechtskrätig; LG Darmstadt)