Prokura und Handlungsvollmacht

Die Prokura als flexibles Instrument für die zweite Frührungsebene

Wer unternehmerisch tätig ist wird das angesichts der Vielfalt der zu bewältigenden Aufgaben häufig nicht allein tun. Der strategische Aufbau eines Unternehmens, welches nicht allein von der Arbeitskraft des Inhabers abhängt bedarf der Einführung einer zweiten Führungsebene unterhalb der Geschäftsführung. Hierfür eignet sich insbesondere die Prokura – entweder für Stellverteter des Geschäftsführers oder als Durchgangsstadium von high-potentials auf dem Weg in die Geschäftsführung. Der Kaufmann (Inhaber eines Einzelunternehmes oder Geschäftsführer einer Gesellschaft) hat, wie jede andere natürliche Person auch, die Möglichkeit, Dritte zu bevollmächtigen, ihn zu vertreten. Hierfür kann er diesen vertrauenswürdigen Dritten rechtsgeschäftlich eine Vollmacht erteilen.

 

Die Prokura regelt eine besondere Art der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht. Der Begriff „Prokura“ stammt aus dem Lateinischen, von dem Wort „procurare“, was so viel bedeutet wie „sorgen für“ oder „sich kümmern um.“ Im kaufmännischen und rechtlichen Kontext wurde der Begriff im mittelalterlichen Italien geprägt, wo Kaufleute jemanden bestimmten, der in ihrem Namen Geschäfte erledigen und Entscheidungen treffen konnte, während sie selbst unterwegs waren oder sich anderen Geschäften widmeten. Diese Vertretungsmacht wurde dann im deutschen Handelsrecht verankert und entwickelte sich zur modernen Prokura.

Ein historisches Beispiel zur Veranschaulichung:

Kaufleute im Mittelalter, die weite Handelsreisen unternahmen, konnten oft nicht ständig bei ihrem Geschäft anwesend sein. Um den Betrieb dennoch am Laufen zu halten, setzten sie „Prokuristen“ ein, die als ihre Stellvertreter auftraten. Diese hatten umfassende Handlungsvollmachten und konnten beispielsweise Verträge abschließen, Verhandlungen führen und Verpflichtungen eingehen, die für das Geschäft bindend waren. Die Prokura war sozusagen eine Art „Geschäftsführermacht,“ die den Prokuristen erlaubte, fast wie der Kaufmann selbst zu handeln.

Die rechtliche Formalisierung und Einführung der Prokura als festen Bestandteil im deutschen Handelsrecht fand im 19. Jahrhundert mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) statt, das die Prokura umfassend regelte und erstmals eine genaue Definition der Prokuristenrechte und -pflichten festlegte. Wir widmen uns im Folgenden den „modernen Regeln im HGB“ .

1. Prokura

Sofern es sich bei dem Unternehmen um einen kaufmännischen Betrieb handelt, kann der Kaufmann einzelne Beschäftigte mit besonderen Befugnissen ausstatten in dem er ihnen eine Prokura oder eine Handlungsvollmacht erteilt. Der Umfang der Prokura (§§ 48 ff. HGB) ist weitgehender als derjenige der Handlungsvollmacht (§§ 54 ff. HGB). Schließlich gibt es noch die Vertretungsmach der Ladenangestellten (§ 56 HGB). All diese Vorschriften modifizieren die allg. Vorschriften der Stellvertretung im BGB (§§ 164 ff. BGB). Zweck dieser Spezialvorschriften ist es, dem im Rechtsverkehr der Kaufleute erhöhtem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Verkehrsschutz Rechnung zu tragen.

In den folgenden Ausführungen werden diese im Einzelnen vorgestellt:

Prokurist ist also kein eigener Beruf sondern es handelt sich um einen regulären Beschäftigten eben mit besonderen Vertretungsbefugnissen.

Die einschlägigen Regelungen zur Prokura finden sie in Paragraphen 48ff. HGB.  Die Prokura als handelsrechtliche Vollmacht betrifft ebenso wie eine normale Vollmacht Außenverhältnis zwischen dem Kaufmann und einem Dritten (dem Geschäftspartner). Davon zu trennen ist das Innenverhältnis zwischen dem Kaufmann und den Prokuristen das typischerweise durch einen Arbeits- oder Dienstvertrag geregelt wird.

Wer kann die Prokura erteilen (sog. Erteilungsberechtigter)?

Das kann nur der Inhaber eines Handelsgeschäfts. Gemeint ist damit ein Kaufmann oder sein gesetzlicher Vertreter (bei Handelsgesellschaften, § 6 HGB). Ist der Kaufmann selbst zum Beispiel eine Kapitalgesellschaft und damit Formkaufmann nach § 6 HGB so kann der Geschäftsführer die Prokura erteilen. Sollte ein Nichtkaufmann versehentlich Prokura erteilen, könnte diese ggf. als eine „normale Vollmacht“ ausgelegt werden, denn offensichtlich wollte die Person eine andere bevollmächtigen, in ihrem Namen zu handeln.

Das könnte man sich die Frage stellen ob auch ein Prokurist eine Prokura erteilen kann. Die Antwort lautet Nein, denn ein Prokurist ist wieder Inhaber eines Handelsgeschäfts noch ist die Prokura eine gesetzliche Vertretungsmacht es handelt sich nämlich um eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht.

MERKE: Die Erteilung der Prokura ist Chefsache!

Die Erklärung muss also vom Inhaber des Handelsgeschäfts (oder dessen gesetzlichem Vertreter) persönlich abgegeben werden.

In welcher Form wird die Prokura erteilt?

Dies muss darüber hinaus mittels ausdrücklicher Erklärung geschehen. Eine konkludente Erklärung ist daher ausgeschlossen. [Herkunft: Lateinisch „concludere“ (einschließen, abschließen, folgern); Bedeutung: Aus einer Handlung oder einem Verhalten wird eine bestimmte Absicht oder ein Wille geschlossen]. Ebenso ausgeschlossen ist eine Duldungsprokura [liegt vor, wenn jemand (der Vertretene) wissentlich zulässt, dass ein anderer (der Vertreter) in seinem Namen handelt und ein Dritter darauf vertraut, dass der Vertreter dazu berechtigt ist]. Wie oben dargestellt, soll duch die Prokura jeder Zweifel ausgeschlossen werden. Damit dient diese der Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr.

Wem gegenüber wird die Prokura erteilt (geeignete Prokuristen)?

Die Erklärung der Prokura erfolgt entweder gegenüber dem Prokuristen, einem Dritten oder der Allgemeinheit. Die Prokura kann nur natürlichen Personen erteilt werden – und natürlich kann sich der Kaufmann selbst auch nicht zusätzlich zum Prokuristen benennen. Es muss eine Personenverschiedenheit zwischen dem Erteilendem und dem Prokuristen vorliegen.

Zur Vermeidung einer Verdoppelung der Vertretungsmacht ist ferner die Bestellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG, eines Komplementärs der KG, eines GmbH-Geschäftsführers oder eine AG-Vorstands nicht möglich. Diese sind von vornherein aufgrund ihrer Position schon zur Vertretung des Kaufmanns berechtigt.

Die Prokura ist übrigens nicht übertragbar und daher auch nicht vererblich, § 52 Absatz 3 HGB.

Folgende Formen der Prokura sind zu unterscheiden:

Einzelprokura, § 48 I HGB Alleinige Vertretungsberechtigung einer Person
Gesamtprokura, § 48 II HGB Echte Gesamtprokura: Erteilung der Prokura an mehrere Personen gemeinschaftlich

Insoweit werden noch die beiden unten stehenden Sonderfälle unterschieden:

Unechte Gesamtprokura: Vertretungsberechtigung eines Prokuristen mit einem vertretungsberechtigten Gesellschafter (dann bestimmt sich der Vertretungsumfang nicht mehr nach § 49 HGB sondern nach der Regelung für das Gesellschaftsorgan)
Allseitige Gesamtprokura: sämtliche Prokuristen können nur gemeinschaftlich handeln

Halbseitige Gesamtprokura: Einige Prokuristen sind alleinvertretungsberechtigt während andere nur mit weiteren gemeinsam handeln können

Insbesondere die Gesamtprokura eignet sich zur Sammlung erster Erfahrungen in verantwortungsvollen Positionen.

Das 4-Augen-Prinzip von Prokura und Geschäftsführung
Geschäftsführer und Prokurist

Sie ermöglicht die Entscheidungsfindung im 4-Augen-Prinzip. Das 4-Augen-Prinzip ist in der Unternehmensführung weit verbreitet und bietet mehrere Vorteile, insbesondere in der Entscheidungsfindung und Kontrolle. Hier einige der Hauptvorteile:

  1. Fehlerreduktion: Durch die Prüfung einer Entscheidung oder Handlung durch eine zweite Person können Fehler schneller entdeckt und korrigiert werden, bevor sie Auswirkungen haben.
  2. Erhöhte Sicherheit: Das 4-Augen-Prinzip reduziert das Risiko von Betrug und Missbrauch, da eine Person allein keine kritischen Entscheidungen treffen kann. Dies ist besonders wichtig in Bereichen wie Finanzen oder Vertragsabschlüssen.
  3. Objektivität und Transparenz: Die zusätzliche Meinung und Überprüfung durch eine zweite Person hilft, Entscheidungen transparenter zu gestalten. Dadurch wird die Entscheidungsfindung objektiver.
  4. Verantwortungsteilung: Das Prinzip verteilt die Verantwortung auf mehrere Personen, was die Entscheidungsfindung stabiler und weniger anfällig für individuelle Fehler oder Vorlieben macht. Dies stärkt auch die Vertrauenskultur im Unternehmen.
  5. Förderung der Teamarbeit: Die Zusammenarbeit fördert den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Führungskräften, was die Teamdynamik und das gegenseitige Vertrauen stärken kann.
  6. Einhaltung gesetzlicher Anforderungen: In vielen Bereichen ist das 4-Augen-Prinzip gesetzlich vorgeschrieben oder empfohlen, insbesondere bei der Einhaltung von Compliance- und Audit-VorgabenDurch diese Vorteile trägt das 4-Augen-Prinzip maßgeblich zur Risikominimierung, Prozesssicherheit und Qualitätssicherung in der Unternehmensführung bei.

Es spricht also viel dafür, diverse wichtige Entscheidungen auf zwei Schultern zu verteilen. Die Berufung in eine Geschäftsführerperson (sei es mit Allein- oder Gesamtvertretungsberechtigung) kann dabei im Zusammenspiel mit der Prokura als Baukastensystem angesehen werden.

Umfang der Prokura, §§ 49, 50 HGB

Nach § 49 Absatz 1 HGB ist der Umfang der Vertretungsmacht des Prokuristen grds. unbeschränkt, soweit es sich um Geschäfte handelt, die der Betrieb EINES (!) Handelsgewerbes mit sich bringt. Beispielsweise die Anstellung von Personal oder auch die Aufnahme von Darlehen, nicht jedoch private Geschäfte des Kaufmanns. Ausreichend ist irgendEIN Zusammenhang mit dem Handelsgewerbe – ein Bezug zu dem konkret ausgeübten Gewerbe ist nicht notwendig. Es dürfen daher auch außergewöhnliche oder branchenfremde Geschäfte getätigt werden.

Auch diese Regelung dient der Rechtssicherheit und die Prokura ermächtigt grundsätzlich zu allen Geschäften, die der Betrieb irgendeines Handelsgerschäfts mit sich bringt. § 50 Absatz 1 HGB regelt daher ausdrücklich, dass eine Beschränkung im Außenverhältnis unwirksam ist („Dritten gegenüber“).

Trotzdem ist die Prokura nicht grenzenlos! Sie ermächtigt nicht dazu, Geschäfte mit sich selbst vorzunehmen (sog. Selbstkontrahieren) und auch nicht zu Grundlagengeschäften, die den Betrieb des Handelsgewerbes als solches betreffen.

MERKE: die Prokura ist eine Vertretungsmacht – nicht aber ein Unternehmensorganisationsrecht!

Es ist Aufgabe des Prokuristen, im Außenverhältnis tätig zu werden, nicht aber interne Organisationsentscheidungen zu treffen. Dem entsprechend erstreckt sich die Prokura nicht auf die Einstellung, die Veräußerung des Handelsbetriebs, die Aufnahme neuer Gesellschafter, die Änderung der Firma oder die Stellung eines Insolvenzantrags. Möchte der Kaufmann bei diesen Geschäften vertreten werden, kann er diesbezüglich eine Einzelvollmacht erteilen.

Ausdrücklich ausgenommen sind außerdem Grundstücksgeschäfte, § 49 Absatz 2 HGB und sog. Prinzipalgeschäfte. Das sind Geschäfte die den Inhaber eines Handelsgeschäfts Kraft Gesetzes persönlich obliegen wie etwa die Anmeldung der Firma beim Handelsregister (§ 29 HGB) oder auch die Unterzeichnung des Jahresabschlusses (§ 245 HGB).

Der Begriff „Prinzipal“ stammt vom lateinischen Wort **“principalis“** ab, was „hauptsächlich“ oder „wesentlich“ bedeutet und wiederum vom Wort **“princeps“** kommt, das „der Erste“ oder „der Führende“ bedeutet. Diese Begriffsherkunft spiegelt die zentrale Rolle wider, die ein Prinzipal in einem rechtlichen oder geschäftlichen Verhältnis spielt. In der Rechts- und Wirtschaftssprache bezeichnet der Prinzipal die primäre oder führende Person, die das Recht und die Verantwortung innehat, andere Personen zu beauftragen und zu lenken.

Denkbar ist überdies eine rechtsgeschäftliche Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis. Diese hat dann grds. keine Wirkung im Außenverhältnis, kann aber für den Prokuristen bei einer Überschreitung seiner Vertretungsmacht zu Schadensersatzansprüchen führen.

Zeichnung des Prokuristen, § 51 HGB

Ein Prokurist hat im Interesse der Rechtssicherheit und der Erleichterung des Handelsverkehrs bei schriftlichen Erklärungen stets mit der Firma, seinem Familiennamen und dem auf die Prokura hinweisenden Zusatz (z.B. „ppa“ oder „pp“) zu unterzeichnen.

  • ppa: Diese Abkürzung steht für „per procura“ oder „per procura auctoritate“. Übersetzt bedeutet das „durch Vertretung“ oder „auf Grund erteilter Vollmacht“. Sie wird von Prokuristen verwendet, um anzuzeigen, dass sie im Namen einer Gesellschaft handeln und dazu bevollmächtigt sind.
  • pp: Diese Abkürzung ist eine Kurzform von „per procura“. Sie hat die gleiche Bedeutung wie „ppa“ und wird ebenfalls von Prokuristen verwendet.

Der Prokurist, der nicht ausdrücklich darauf hinweist, für den Kaufmann tätig zu werden, läuft Gefahr, selbst Vertragspartner zu werden.

Erlöschen der Prokura, § 52 HGB

Das Erlöschen der Prokura ist in § 52 HGB nur teilweise geregelt. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen

1. Durch den Widerruf des Inhabers gemäß § 52 Absatz 1 HGB.

Hiernach kann eine Prokura jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Der Widerruf erfolgt duch eine einseitige, formlose ausdrückliche Erklärung. Das Erlöschen der Prokura ist in das Handelsregister einzutragen. Solange dies nicht geschehen ist, wird der gutgläubige Dritte geschützt, § 15 Absatz 1 HGB.

2. Bei Verlust der Kaufmannseigenschaft des Inhabers

Das ist eigentlich klar weil die Prokura eine besondere handelsrechtliche vertretungsmacht ist nur für Kaufleute zur Verfügung steht

3. Mit Beendigung des Grundverhältnisses welches das Innenverhältnis zwischen dem Kaufland dem Prokuristen betrifft also zum Beispiel der Beendigung das Arbeitsverhältnis.

4. Mit dem Tode des Prokuristen

Das ist zwar den Regelungen nicht direkt zu entnehmen es ergibt sich aber indirekt aus §52 Absatz 3 HGB. Dieser regelt den umgekehrten Fall wonach eine Prokura durch den Tod des Inhabers des Handelsgeschäfts gerade nicht erlischt.

5. Verzicht des Prokuristen

Der Prokurist kann seinerseits auch auf die Bevollmächtigung verzichten. Dieser Fall ist nicht gesetzlich geregelt.

Mit dem Erlöschen der Prokura entfällt die Vertretungsbefugnis des ehemaligen Prokuristen. Er kann also keine Willenserklärung mehr abgeben die für und gegen den Kaufmann wirken. Tut er dies dennoch greifen wiederum die allgemeinen Regelungen zur Stellvertretung.

Ebenso wie die Erteilung der Prokura ist das Erlöschen zur Eintragung des Handelsregister anzumelden:

Anmeldung der Erteilung und des Erlöschens, § 53 HGB

Die Prokura ist zur Eintragung in das Handelsregister (§ 53 HGB) anzumelden, wobei die Eintragung keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Prokura ist. Die Eintragung selbst hat lediglich eine sogenannte Rechtskunde also deklaratorische Bedeutung. Selbiges gilt auch für die Löschung der Prokura und zwar unabhängig davon, ob die Prokuraerteilung eingetragen wurde oder dies vergessen wurde. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Rechtsverkehr unabhängig von der Eintragung im Handelsregister von einer Prokura erfahren kann und deshalb auch in diesem Fall durch das Handelsregister über das Erlöschen der Prokura informiert werden soll.

2. Handlungsvollmacht, § 54 HGB

Im Unterschied zur Prokura erfasst die Handlungsvollmacht lediglich branchentypische Geschäfte. Das sind Geschäfte, die der Betrieb des Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. In § 54 Absatz 1 HGB ist die sog. Generalhandlungsvollmacht geregelt. Sie macht den Bevollmächtigten quasi zum Geschäftsführer und berechtigt ihn im Grundsatz zur Vornahme aller Geschäfte, bei denen eine Stellvertretung zulässig ist (solange diese brachentypisch sind).

Daneben gibt es noch die sog. Arthandlungsvollmacht, die zu besonderen Arten von Rechtsgeschäften bevollmächtigen kann (z.B. dem Abschluss von Kauf- oder Mietverträgen) oder zu Geschäften zu bestimmten Zeitpunkten (z.B. dem Ausverkauf bei Sommer- oder Winterschlussverkauf). Hiervon wird die Spezialhandlungsvollmacht unterschieden, diese gilt lediglich für einzelne Geschäfte.

Jedoch sind auch in diesen Spezialfällen die gesetzlichen Schranken des § 54 Absatz 2 HGB stets zu beachten.

Außerdem berechtigt auch die Handlungsvollmacht nicht zur Vornahme von Grundlagengeschäften oder solchen, die in den Privatbereich des Kaufmanns fallen.

Der Gutglaubensschutz wird für die Handlungsvollmacht in § 53 Absatz 3 HGB geregelt.

Die Zeichnung des Handlungsbevollmächtigten (§ 57 HGB) findet mit Hinweis auf das Vollmachtsverhältnis statt. Er zeichnet demnach regelmäßig „i.A.“ (im Auftrag) oder „in Vertretung“ – dies ist auch zur Vermeidung iner persönlichen Haftung des Handlungsbevollmächtigten wichtig.

3. Handlungsvollmacht von Abschlussvertretern, § 55 HGB

Die in § 55 HGB behandelten Abschlussvertreter werden außerhalb der Niederlassung des Kaufmanns für ihn tätig.

Ein Abschlussvertreter im Sinne von § 55 Handelsgesetzbuch (HGB) ist eine Person, die im Namen eines Unternehmens selbstständig und dauerhaft Geschäfte abschließt, ohne dabei die vollständigen Rechte und Pflichten eines Handelsvertreters nach § 84 HGB zu haben. Der Abschlussvertreter schließt Geschäfte für den Unternehmer ab, erhält aber in der Regel keine umfangreiche Akquisitions- oder Beratungspflicht.

Hier sind einige praktische Anwendungsfälle für einen Abschlussvertreter in der heutigen Geschäftswelt:

  1. Mitarbeiter in Vertriebsteams: In vielen Vertriebsstrukturen agieren Abschlussvertreter als Außendienstmitarbeiter, die im Namen eines Unternehmens direkt Verträge abschließen. Sie sind oft auf den Verkaufsabschluss fokussiert, ohne umfangreiche Beratungen oder Kundenpflege anzubieten. Dieser Einsatz ist typisch im B2B-Bereich, etwa für Industrieprodukte oder Maschinenbau, wo der Schwerpunkt auf Vertragsabschlüssen liegt.
  2. Verkaufspersonal in Filialen oder Showrooms: In großen Filialen, wie Autohäusern oder Möbelhäusern, gibt es oft Verkäufer, die Produkte im Namen des Unternehmens verkaufen und Verträge abschließen können. Sie fungieren als Abschlussvertreter, da sie befugt sind, Kaufverträge direkt zu finalisieren, ohne weitreichende Beratungs- oder Nachbetreuungspflichten.
  3. Online-Vertrieb und E-Commerce: Abschlussvertreter können auch in Online-Vertriebsformen agieren, besonders wenn sie für einen Shop oder Plattform Produkte im Namen eines Unternehmers verkaufen und die Bestellabwicklung durchführen, ohne die gesamte Kundenbetreuung übernehmen zu müssen. Sie fungieren dann als digitale „Abschlussvertreter“ und sind vor allem für den Abschluss des Verkaufsprozesses verantwortlich.

Zusammengefasst sind Abschlussvertreter in heutigen Anwendungsfällen oft auf den reinen Vertragsabschluss spezialisiert, ohne eine umfassende Beratung oder Kundenpflege zu übernehmen. Sie finden sich in verschiedensten Bereichen, in denen schnelle, unkomplizierte Vertragsabschlüsse im Namen eines Unternehmens erforderlich sind.

4. Handlungsvollmacht von Ladenangestellten, § 56 HGB

Die Regelung des § 56 HGB schützt die Erwartung des Rechtsverkehrs, dass Angestellten in einem öffentlichen Ladengeschäft zu Verkäufen und Entgegennahmen von Warenlieferungen ermächtigt sind. Zu beachten ist, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung Ankäufe hiervon nicht umfasst sind. Auch die Entgegennahme von Waren ist nur solange umfasst, wie diese im Laden stattfinden; hierfür ist mind. ein örtlicher Zusammenhang zum Ladengeschäft notwendig.