Geschäftsführung und Vertretung in der GbR (Innen- und Außenverhältnis)

Innenverhältnis der GbR (§§ 708 bis 718 BGB)

Die Geschäftsführung der GbR ist in den §§ 715, 715a BGB geregelt. Geschäftsführung meint jede Tätigkeit, die für die Gesamthand wahrgenommen wird, zur Förderung des Gesellschaftszwecks bestimmt ist und nicht die Grundlagen der Gesellschaft betrifft.

Die Geschäftsführung (das „Dürfen“) ist von der Vertretung (dem rechtlichen „Können“) zu unterscheiden. Letzteres ist in § 720 BGB gergelt.

Die Geschäftsführung der GbR wird durch die Geschäftsführungsbefugnis eines oder mehrerer Gesellschafter ausgeübt. Ihrem Wesen nach ist sie in allen Fällen Ausfluss der persönlichen Mitgliedschaft der Gesellschafter und ein durch den Gesellschaftsvertrag begründetes Sonderrecht.

Die Geschäftsführung steht gemäß § 715 Abs. 1 BGB grundsätzlich allen Gesellschafter gemeinschaftlich zu (Gesamtgeschäftsführungsbefugnis). Der Umfang der Geschäftsführung ist in § 715 Abs. 2 BGB geregelt und umfasst alle Geschäfte, welche die operative Geschäftstätigkeit gewöhnlich mit sich bringt. D.h., dass sog. Grundlagengeschäfte, welche sich auf die wesentliche Bestandteile der Gesellschaft beziehen (z.B. der Verkauf wesentlicher Vermögensgegenstände) hiervon ausgeschlossen ist.

Gemeinschaftlich bedeutet dabei, dass sie grundsätzlich nur zum gemeinsamen Handeln berechtigt sind, § 715 Abs. 3 BGB. Etwas anderes gilt nur, wenn die vorzunehmende Handlung keinen Aufschub bis zu einer gemeinsamen Handlung duldet, weil hierdurch eine Gefahr für die Gesellschaft besteht.

Es besteht jedoch die Möglichkeit im Gesellschaftsvertrag, in den Grenzen des Grundsatzes der Selbstorganschaft, abweichendes zu vereinbaren. Dabei sieht das Gesetz in § 715 Abs. 4 BGB eine Abweichungsmöglichkeit vom gesetzlichen Regelfall vor: Die Geschäftsführungsbefugnis kann hiernach allen (bzw. mehreren) auch in der Form übertragen werden, dass grundsätzlich jeder allein handeln darf, wobei jeder andere geschäftsführungsbefugte Gesellschafter der Vornahme einer Handlung widersprechen kann.

Ausnahmsweise kann ein jeder Gesellschafter – unabhängig von einer etwaigen Geschäftsführungsbefugnis – Geschäfte vornehmen, wenn die sonstigen dazu berechtigten Gesellschafter verhindert sind und durch einen Aufschub eine Gefahr für Gesellschaft oder Gesellschaftsvermögen droht, § 715a BGB. Dies ist dann der Fall, wenn ohne sofortiges Handeln der Eintritt eines Schadens für die Gesellschaft droht.

Was ist von der Geschäftsführungsbefugnis umfasst?

Die Geschäftsführungsbefugnis umfasst sowohl tatsächliche als auch rechtsgeschäftliche Handlungen, mit und ohne Außenwirkung. Dazu zählen die Buchführung und Rechnungslegung sowie Erwerbsgeschäfte mit Dritten und die Prozessführung im Interesse der Gesellschaft.

Diese Geschäftsführungsbefugnis kann gemäß § 715 Abs. 5 BGB durch die übrigen Gesellschafter im Rahmen eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter wieder entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn grobe Pflichtverletzungen zu Lasten der Gesellschaft vorliegen.

Der Geschäftsführer kann auch selbst die Geschäftsführung gemäß § 715 Abs. 6 BGB beenden, indem er ganz oder teilweise kündigt. Jedoch ist auch hier das Vorliegen eines wichtigen Grundes nötig.

Actio pro socio, § 715b BGB

Das mittlerweile tradierte Rechtsinstitut der actio pro socio (übersetzt: Klage für den Gefährten/ Gesellschafter) ist nunmehr seit 2024 in § 715b BGB auch gesetzlich geregelt. Hiernach kann jeder Gesellschafter – unabhängig vom Vorliegen einer Geschäftsführungsbefugnis – Sozialansprüche der GbR gegenüber den Gesellschaftern geltend machen. Oft handelt es sich dabei um die Geltendmachung von Beitragspflichten, die ein Gesellschafter nicht erfüllt hat.

Die Geltendmachung setzt voraus, dass die Ansprüche von einem aktuell beteiligten Gesellschafter geltend gemacht werden. Bereits ausgeschiedene Gesellschafter können diese Ansprüche nicht mehr geltend machen. Des Weiteren muss die Geschäftsführung ohne das Vorliegen sachlicher Gründe pflichtwidrig untätig geblieben sein. Der Anspruch wird sodann im eigenem Namen des Gesellschafters gerichtlich geltend gemacht. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine solche Klage stets auf die Leistung an die Gesellschaft (und nicht etwas an den klagenden Gesellschafter) zu richten ist.

Die bspw. mit einer solchen actio pro socio verbundenen Kosten kann der Gesellschafter als Aufwendungsersatz nach § 716 BGB gegen die Gesellschaft geltend machen. Aus dieser Regelung hat derjenige Gesellschafter, der ein Geschäft der GbR besorgt, Anspruch auf Ersatz seiner Kosten, wenn

– die Geschäftsbesorung im Interesse der GbR lag und

– der Gesellschafter ein Vermögensopfer gebracht hat.

Für solche Aktion kann ein Gesellschafter gar einen Vorschuss verlangen, § 716 Abs. 2 BGB. Da der Gesellschafter hierfür im Interesse der Gesellschaft handeln muss, hat er auch dasjenige herauszugeben, was er für die Gesellschaft empfängt, § 716 Abs. 3 BGB.

Gesellschafter-Informationsansprüche, § 717 BGB

Die in der Vorschrift § 717 Absatz 1 BGB geregelten Informationsansprüche der Gesellschafter dienen der Kontrolle der Geschäftsführung sowie der Ermöglichung der Ausübung von Mitgliedschaftsrechten. Diese Möglichkeiten sind unabdingbar, denn die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft privat und vollumfänglich. Daher haben sie Anspruch auf Informationen, Einsichtnahme und Auskünfte.

Damit es nicht soweit kommen muss, dass die Gesellschafter derartige Ansprüche einfordern, hat das Gesetzt den oder die geschäftsführenden Gesellschafter verpflichtet, proaktiv („von sich aus“) die Gesellschafter zu unterrichten, § 717 Absatz 2 BGB.

Gewinnverteilung in der GbR, § 718 BGB

Der an die Gesellschafter auszuzahlende Gewinn ist durch eine Abrechnung zu ermitteln.

 

EXKURS: Gesellschafterversammlung in der GbR

Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sind Gesellschafterversammlungen vom Gesetz grundsätzlich nicht vorgesehen. Bestimmte Umstände können jedoch die Zusammenkunft der Gesellschafter zur Beschlussfassung erfordern. Lesen Sie hier, wann eine Gesellschafterversammlung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sinnvoll sein kann.

Die GbR steht grundsätzlich gemäß § 715 Abs. 1, 3 HGB (früher: § 709 Abs. 1 BGB a.F.) unter gemeinschaftlicher Geschäftsführung durch ihre Gesellschafter. Geschäfte können danach grundsätzlich nur bei Einstimmigkeit geschlossen werden.

Die Zustimmung eines Gesellschafters kann dabei in der Regel formfrei erfolgen, sodass eine Gesellschafterversammlung nicht notwendig ist. Dies ist für die Funktionsfähigkeit und Flexibilität der Gesellschaft zwar von Vorteil, kann aber im Fall von Streitigkeiten zu Problemen führen, sodass die Geschäftsführung und ihr Verfahren eine gesellschaftsvertragliche Festlegung erfahren sollte.

Wird die Geschäftsführung im Sinne des § 716 BGB (früher: §§ 709 Abs. 2, 710 BGB a.F.) gesellschaftsvertraglich modifiziert, richtet sich die Gesellschafterversammlung zumeist nach den Grundsätzen der GmbH-Gesellschafterversammlung (siehe hierzu im Einzelnen unten). Darüber hinaus lassen sich im Gesellschaftsvertrag weitere Formvorschriften für die Gesellschafterversammlung bestimmen. Die Verletzung solcher Vorschriften führt in der Regel zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn bei Anwesenheit sämtlicher Gesellschafter die Verletzung des Gesellschaftsvertrags nicht gerügt wird (sog. rügelose Vollversammlung).

  • Einberufung

Grundsätzlich kann jeder Gesellschafter eine Gesellschafterversammlung einberufen. Die Verletzung etwaiger vertraglicher Einberufungsvorschriften führt zu Nichtigkeit des Beschlusses.

  • Ort und Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung

Der bestimmte Zeitpunkt und Ort der Gesellschafterversammlung muss den Gesellschaftern eine Ausübung ihrer Teilnahmerechte ermöglichen. Ungeeignetheit führt zur Nichtigkeit der im Rahmen der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

  • Ladungsfrist

Analog § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG ist bei Personengesellschaften eine Frist von mindestens einer Woche einzuhalten. Abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag dürfen nicht unangemessen sein. Eine Unterschreitung der Ladefrist führt zur Beschlussnichtigkeit.

  • Tagesordnung

Die Beschlussgegenstände müssen analog § 51 Abs. 2, 4 GmbHG vollständig und hinreichend bestimmt den Gesellschaftern mitgeteilt werden.

  • Versammlungsleitung

Oft bestimmt der Gesellschaftsvertrag einen Versammlungsleiter (meist geschäftsführender Gesellschafter); allgemein wird der Versammlungsleiter bei fehlender vertraglicher Grundlage durch Mehrheitsbeschluss bestellt. Er sorgt für ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung (Festlegung der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte, Festhalten des Beschlussergebnisses).

  • Beschlussfeststellung

Die Beschlussfeststellung umfasst die Zählung der Stimmen, die förmliche Feststellung des Ergebnisses und die Bekanntgabe des Ergebnisses gegenüber den Gesellschaftern. Die Beschlussfeststellung ist dabei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Beschluss, da sie gesetzlich nicht vorgegeben ist. Die Feststellung ist vor allem von rechtlicher Relevanz, wenn sich Stimmverbote oder Stimmbindungen ergeben. Der Beschluss mit dem vom Versammlungsleiter festgestellten Inhalt ist dann vorläufig verbindlich und muss angefochten werden.

  • Protokollierung

Das Gesetz schreibt für die Personengesellschaften keine Protokollierung vor. Bei vertraglicher Regelung einer Protokollpflicht führt ein Fehlen bei Rüge durch einen Gesellschafter zur Unwirksamkeit des Beschlusses.

Außenverhältnis der GbR (§§ 719 bis 722 BGB)

Wie bereits in den Ausführungen zur Entstehung der Gesellschaft erwähnt, entsteht die GbR im Außenverhältnis durch die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr mit Zustimmung aller Gesellschafter. Dies ist in aller Deutlichkeit in § 719 BGB so zu lesen. Hiermit sind Handlungen nach außen gemeint – also solche, die sich (anders als eine formale Gesellschafterversammlung oder eine informelle Besprechung) nach außen richten, wie die Eröffnung des Geschäftskontos oder Vertragsabschlüsse.

Nach § 720 Absatz 1 BGB gilt für die GbR das Prinzip der Gesamtvertretung, solange nicht durch den Gesellschaftsvertrag etwas Anderes (namentlich also eine Einzelvertretungsbefugnis) vorgesehen wurde. Gemäß dem Prinzip der Selbstorganschaft können nur Gesellschafter zur Vertretung der GbR berufen werden. Die Vertretungsbefugnis erstreckt sich auf  alle Geschäfte der Gesellschaft.

Sie kann jedoch auch wieder gem. § 715 Absatz 5 BGB entzogen werden oder (als milderes Mittel gegenüber der Entziehung) eingeschränkt werden – z.B. kann die im Gesellschaftsvertrag vorgesehen Einzelvertretungsbefugnis eines Gesellschafters auf die Gesamtvertretungsbefugnis beschränkt werden. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 715 Absatz 5 BGB liegt vor, wenn das Vertrauensverhältnis so zerrüttet ist, dass sich die Gesellschafter nicht mehr von ihm vertreten lassen möchten. Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings auch vorsehen, dass die Beschränkung oder die Entziehung ohn wichtigen Grund möglich ist.

Die Haftung im Außenverhältnis wird durch § 721 BGB geregelt. Natürlich haftet die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit nach außen für ihre Verbindlichkeiten (§ 705 Absatz 2 BGB). Daneben haften die Gesellschafter in vollem Umfang akzessorisch für die Gesellschaftsschulden. Akzessorisch heißt, dass die Schuld der Gesellschafter abhängig von der Hauptverbindlichkeit der Gesellschaft ist.

Die Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden ist unmittelbar, primär, unbeschränkt und persönlich. Aufgrund der Gesamtschuldnerstellung mit der Gesellschaft haben Gläubiger insoweit ein Wahlrecht und können an Stelle der Gesellschaft auch direkt die Gesellschafter in Anspruch nehmen – oder beide (auch wenn sie am Ende die Leistung nicht zwei Mal behalten dürfen).

Eine Haftungsbeschränkung ist nur durch in individuelle Vereinbarung mit dem Geschäftspartner möglich, nicht aber durch deine reine Vereinbarung im Innenverhältnis (§ 721 Satz 2 BGB). Eine GbR mbH gibt es daher nicht. Neben einem Verstoß gegen die hier zitierte Regelung läge darin auch ein Widerspruch zum numerus clausus der Gesellschaftsformen.

Durch Eintritt zusätzlicher Gesellschafter erweitert sich der Kreis der haftenden Gesellschafter, § 721a BGB. Durch den Haftungseintritt der neuen Gesellschafter soll vermieden werden, dass diese in negativer Form auf das Gesellschaftsvermögen Einfluss nehmen.

Auch wenn die Gesellschafter persönlich für die Schulden der Gesellschaft haften, gibt es eine Trennung zwischen den Vermögensphären von Gesellschaft und Gesellschafter. Aus diesem Grunde ist für die Zwangsvollstreckung gegen einen Gesellschafter auch ein Titel (z.B. ein Urteil, eine Vollstreckungsbescheid oder ein gerichtlicher Vergleich) gegen den Gesellschafter möglich, um gegen diesen zu vollstrecken. Das ergibt sich aus § 722 BGB.