Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 1. Januar 2024 ging eine Flut von Neuerungen durch das deutsche Gesellschaftsrecht – neue „Hausnummern“ , Einschübe und Streichungen sowie insbesondere im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zahlreiche Erleichterungen: Was seit Jahren ständige Rechtsprechung war, wird nun kodifiziertes Gesetzesrecht.
Dieser Artikel soll Ihnen einen Überblick über die Hintergründe dieser „Jahrhundertreform“ des Gesellschaftsrechts, ihre wichtigsten Änderungen sowie deren Auswirkungen auf die Praxis vermitteln.
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A. Hintergründe des MoPeG
I. Wieso war das MoPeG notwendig?
Um die Änderungen besser verstehen zu können, empfiehlt sich zunächst ein Blick auf den bisherigen status quo des Personengesellschaftsrechts in Deutschland: Seit der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Jahre 1896 und des Handelsgesetzbuches (HGB) im darauffolgenden Jahr gab es kaum wesentliche Veränderungen des Personengesellschaftsrechts mehr. Angesichts dieses verstrichenen Zeitraumes und dem umfangreichen Wandel in Wirtschaft und Handel wird schnell klar, dass die Gesetzeslage kaum mehr der täglichen Rechtspraxis entsprach. Viele Instrumente wurden von Rechtsprechung und juristischer Literatur konstruiert, Regelungen wurden von anderen Gesellschaftsformen entliehen; jedenfalls aber mangelte es aufgrund der fehlenden gesetzlichen Kodifizierung an der nötigen Einheitlichkeit.
Diese Handhabung führte zu einer intransparenten Gesetzeslage, die für juristische Laien kaum nachvollziehbar war und den (Gesellschafts-)Rechtsverkehr verkomplizierten. Das prägnanteste Beispiel hierbei war wohl die in Rechtsprechung seit zwei Jahrzehnten anerkannte Rechtsfähigkeit der GbR, die sich in dieser Form nirgends in den §§ 705 ff. BGB a.F. fand [vgl. BGH, Urteil v. 29.01.2001 – II ZR 331/00] oder das Instrument der actio pro socio.
Chronologie des MoPeG
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II. Welche Ziele verfolgt die Gesetzesnovelle?
Die durch das MoPeG in Kraft getretenen Änderungen stehen eindeutig unter dem Motto „Transparenz“ und erleichterte Handhabung der GbR als „Mutter aller Gesellschaften„. Neben der Beseitigung der Schwächen der GbR sollte auch Rechtssicherheit in Bezug auf das Beschlussmängelrecht bei Personenhandelsgesellschaften hergestellt und die möglichen Haftungsverhältnisse von Freiberuflern durch gesellschaftliche Organisation flexibler gestaltet werden.
Eine zentrale Rolle bei der Herstellung von Transparenz spielt dabei die Schaffung eines von den Amtsgerichten geführten Gesellschaftsregisters, in welches unter anderem die Angaben zu den Gesellschaftern einer GbR und ihre Vertretungsbefugnisse eingetragen werden können. Diese Eintragungsmöglichkeit schafft Klarheit im Rechtsverkehr, sodass sich auch eine GbR glaubwürdiger behaupten kann. Indem die Personenhandelsgesellschaften, d.h. oHG und KG, nun auch für Angehörige freier Berufe – sofern das Berufsrecht dies gestattet – geöffnet wurden, wurde ihnen erstmals die Möglichkeit gegeben, sich in einer haftungsbeschränkenden GmbH & Co. KG zu organisieren. Insofern lassen sich auch partnerschaftlich organisierte Gesellschaften in eine Personengesellschaft umwandeln.
B. Änderungen und Auswirkungen
Wie sich bereits aus dem Namen ergibt, beansprucht das MoPeG Geltung für sämtliche Personengesellschaften. Hierunter fallen die GbR, ihre handelsrechtlichen Verwandten die oHG sowie die KG und die Partnerschaftsgesellschaft. Alle Rechtsformen haben durch die Modernisierung Änderungen erfahren, die mehr oder weniger umfassend sind. Sie reichen von einer lediglich geänderten Nummerierung über Streichungen und Ergänzungen hin zur völligen Neuregelung.
Praxistipp: Das MoPeG gilt nicht nur für künftig zu gründende, sondern kann auch Auswirkungen auf bestehende Gesellschaften entfalten. Insofern können Anpassungen der Gesellschaftsverträge nötig sein, um der neuen Rechtslage zu entsprechen und sämtliche Vorteile ausnutzen zu können. Es empfiehlt sich daher eine Überprüfung Ihres Gesellschaftsvertrages hin auf etwaigen Änderungsbedarf. |
Die vielseitigste Neuregelung hat dabei das Recht der GbR erfahren, weshalb im Folgenden hauptsächlich auf sie Bezug genommen wird. Jedoch werden auch die zentralen Änderungen der Personenhandelsgesellschaften in der gebotenen Kürze dargestellt.
I. Was gilt für die GbR?
Das Recht der GbR fand sich bisher in den §§ 705 ff. BGB und hieran hat sich auch durch Inkrafttreten des MoPeG grundsätzlich nichts geändert. Sieht man jedoch genauer hin, wird schnell klar, dass sich jedoch sämtliche Paragraphen – zumindest in ihrer Hausnummer – geändert haben. Um die Neuerungen besser überblicken zu können, empfiehlt sich eine Betrachtung nach der gesetzlichen Reihenfolge.
1. GbR als rechtsfähige Außengesellschaft
Schlägt man das Gesetz bei den §§ 705 ff. BGB auf, springt einem die wesentlichste Veränderung direkt ins Auge – sei es an der systematischen Untergliederung („Untertitel 2. Rechtsfähige Gesellschaft“ und „Untertitel 3. Nicht rechtsfähige Gesellschaft„) oder an der Lektüre des § 705 Abs. 2 BGB, wo erstmals zwischen beiden Arten unterschieden wird.
Bislang galt die GbR nach der gesetzlichen Wertung nicht als rechtsfähige Einheit, sondern als Schuldverhältnis (vgl. Stellung im 2. Buch des BGB), wobei es sich nicht wie üblich durch den Austausch von Leistungen, sondern durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks definierte. Ausprägung dieser Wertung war das „Gesellschaftsvermögen„, das sich dem Zugriff der einzelnen Gesellschafter entzog (§§ 718 f. BGB a.F.). Dieses Gesamthandsvermögen sollte nicht der Gesellschaft als solcher zustehen, sondern vielmehr den Gesellschaftern „in ihrer Verbundenheit„.
Einen Umschwung brachte ein Grundsatzurteil des BGH [Urteil v. 29.01.2001 – II ZR 331/00], mit welchem die Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR allgemein anerkannt wurde. Durch die Entscheidung in der Sache „ARGE Weißes Ross“ wurde die GbR also der oHG gleichgestellt: die Außen-GbR konnte nunmehr selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein. Allerdings wurden dabei nie Kriterien zur Unterscheidung der (teil-)rechtsfähigen Außen-GbR von der nicht rechtsfähigen Innengesellschaft geschaffen, was zu einer großen Rechtsunsicherheit führte. Letzteres insbesondere auch durch die abweichende gesetzliche Konzeption der GbR.
Nunmehr statuiert das Gesetz diese Unterscheidung: Maßgebliches Kriterium ist dabei der Wille der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen zu wollen oder lediglich das Innenverhältnisses der Gesellschafter untereinander auszugestalten, § 705 Abs. 2 BGB. Von dieser Unterscheidung hängt ab, welche Vorschriften des GbR anwendbar sind: Die §§ 706 ff. BGB oder die §§ 740 ff. BGB.
Schließlich folgt aus der gesetzlichen Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR auch die Etablierung eines echten, vom Privatvermögen der Gesellschafter zu unterscheidendes Gesellschaftsvermögens, § 713 BGB. Nunmehr lassen sich also eigene Gesellschaftsschulden begründen.
2. Wo sitzt die GbR?
In der bisherigen Ausgestaltung war als Gesellschaftssitz immer derjenige Ort anzusehen, an welchem sich die Unternehmensverwaltung tatsächlich befindet und an welchem das operative Geschäft durch die Unternehmensleitung vollzogen wurde.
Durch das MoPeG besteht nunmehr die Möglichkeit neben diesem sog. Verwaltungssitz auch einen anderen beliebigen Ort in Deutschland im Rahmen des Gesellschaftsvertrages als Sitz der Gesellschaft einzurichten (sog. Vertragssitz), § 706 BGB.
Praxistipp: Aus der Schaffung eines Vertragssitzes können sich finanzielle Vorteile ergeben, z.B. aufgrund einer günstigen Ausgestaltung der Gewerbesteuer. |
Ausweislich des Wortlauts des § 706 S. 2 BGB steht diese Möglichkeit jedoch allein eingetragenen Gesellschaften offen. Für nicht eingetragene Gesellschaften ist eine Abweichung vom Verwaltungssitz demnach unzulässig.
3. Kein Zwang zur Eintragung in das Gesellschaftsregister – oder doch?
Will eine GbR am Rechtsverkehr teilnehmen, können Gesellschafter ihre rechtsfähige Gesellschaft nunmehr in einem vom Amtsgericht geführten Gesellschaftsregister eintragen lassen, § 707 Abs. 1 BGB.
Um die angestrebte Transparenz erreichen zu können, gibt es gemäß § 707 Abs. 2 BGB zwingende Angaben zu Gesellschaft und Gesellschaftern, die in der Anmeldung unter anderem enthalten sein müssen:
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Die Eintragung ist für die Rechtsfähigkeit einer GbR nicht entscheidend, sodass grundsätzlich keine Eintragungsverpflichtung besteht. In manchen Fällen, etwa bei der Eintragung einer GbR ins Grundbuch nach § 47 Abs. 2 GBO, ist die vorherige Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister jedoch zwingend. Mit der Eintragung geht auch die entsprechende Anwendung des § 15 HGB einer, d.h. es besteht Gutglaubensschutz hinsichtlich der Eintragungen, vgl. § 707a Abs. 2 BGB. Insoweit kann sich ein Dritter also selbst dann auf die im Gesellschaftsregister eingetragenen Tatsachen berufen, wenn sie nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen. Auch im umgekehrten Fall, wenn also eine Tatsache nicht eingetragen ist, obwohl sie in Wirklichkeit besteht, steht dem Dritten gleichermaßen ein Wahlrecht zu, ob er sich auf die wahre oder die Registerrechtslage berufen möchte.
Praxistipp: Ein weit verbreitetes Haftungsrisiko stellt dabei der Umfang der Vertretungsmacht dar. Hier gebietet sich größte Vorsicht bei der Aktualität der Eintragungen, da ansonsten Verträge, die ein Gesellschafter eigentlich nicht abschließen durfte, dennoch für die GbR wirksam geschlossen werden können, soweit eine entsprechende Eintragung im Register vorliegt. |
Schließlich ist eine eingetragene GbR gemäß § 707a Abs. 2 BGB dazu verpflichtet, die Eintragung durch Führung eines entsprechenden Zusatzes (z.B. „eGbR„) kenntlich zu machen. Eine solche eGbR muss zur Schaffung von Transparenz ihrer Aktualisierungspflicht hinsichtlich aller einzutragenden Tatsachen nachkommen, sodass etwa Veränderungen im Gesellschafterbestand zur Eintragung angemeldet werden müssen. Ansonsten drohen der GbR nicht zu unterschätzende Risiken durch die Publizitätswirkung des § 15 HGB (s. oben).
Praxistipp: Für eine Grundstücks-GbR empfiehlt sich die unverzügliche Eintragung in das Gesellschaftsregister durch sämtliche Gesellschafter. Im Grundbuch kann ein Eigentumsübergang schließlich nur nach erfolgter Eintragung vollzogen werden, vgl. § 47 Abs. 2 GBO. Ein (Ver-)Kauf ist sonst nur auf dem Papier möglich. |
Die actio pro socio ist neben der vom BGH anerkannten Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR das wahrscheinlich bekannteste Instrument der Rechtsprechung, welches gesetzlich lange Zeit nicht niedergelegt wurde. Die actio pro socio meint das Recht eines Gesellschafters, im eigenen Namen Ansprüche der Gesellschaft auf Leistung an die Gesellschaft geltend zu machen. Begründet wurde sie als Ausfluss der Mitgliedschaftsrechte.
Erforderlich war die Schaffung dieses Werkzeugs insbesondere vor dem Hintergrund des Minderheitenschutzes: Zur Durchsetzung von Gesellschaftsansprüchen waren nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich allein die vertretungs- und geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter einer Personengesellschaft zuständig. Oft kam es jedoch dazu, dass diese die der Gesellschaft zustehenden Ansprüche gegen andere Gesellschafter – oder gegen sich selbst – (sog. Sozialansprüche) ohne legitimen Grund nicht geltend machten. Dieses Ergebnis war für Minderheitsgesellschafter, die nicht zur Geltendmachung berechtigt waren, kaum zumutbar, sodass die actio pro socio als Schutzinstrument vor einem solchen pflichtwidrigen Unterlassen etabliert wurde.
Dieses theoretische Instrument wurde nun von einer gesetzlichen Bestimmung abgelöst: Gemäß § 715b BGB steht jedem Gesellschafter das Recht zu, gesellschaftliche Ansprüche im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, wenn der geschäftsführungsbefugte Gesellschafter dies pflichtwidrig unterlässt (sog. „Gesellschafterklage„). Davon sind jedoch nicht lediglich Sozialansprüche, sondern auch Ansprüche gegen Dritte umfasst, sofern der Dritte Kenntnis vom pflichtwidrigen Unterlassen hatte oder hieran mitwirkte, § 715b Abs.1 S. 2 BGB.
Praxistipp: Nach §§ 715b Abs. 2, 708 BGB ist eine vertragliche Beschränkung der Einzelklagebefugnis grundsätzlich möglich, sofern der Minderheitenschutz nicht ausgehöhlt wird (z.B. Kompensation durch ein Abberufungsrecht). Die Möglichkeit einer Gesellschafterklage besteht zudem auch im Rahmen der Personenhandelsgesellschaften, vgl. §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB. |
5. Wer haftet wie?
Die Gesellschafterhaftung war bislang nicht in den §§ 705 ff. BGB selbst geregelt. Zuletzt bediente sich die Rechtsprechung des BGH einer entsprechenden Anwendung des oHG-Rechts: GbR-Gesellschafter hafteten analog § 128 HGB a.F. (heute: § 126 HGB) als Gesamtschuldner für die Gesellschaftsverbindlichkeiten sowie gemäß § 130 HGB a.F. analog (heute: § 127 HGB) auch für Altverbindlichkeiten.
Dieses Haftungsmodell wurde nunmehr durch den MoPeG-Gesetzgeber im BGB kodifiziert. Die persönliche Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten – neben der GbR, die selbst mit ihrem Gesellschaftsvermögen haftet (vgl. § 713 BGB) – findet sich nunmehr in § 721 BGB. Aus § 721 S. 2 BGB folgt, dass die Haftung grundsätzlich unbeschränkbar und der Höhe nach unbegrenzt ist.
Praxistipp: Ausnahmsweise lässt sich eine Haftung jedoch durch Individualvereinbarung mit dem jeweiligen Gläubiger ausschließen. Demgegenüber wäre eine auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte Haftung mittels AGB-Klausel gemäß § 307 BGB unwirksam. |
Auch die Haftung für Altverbindlichkeiten neu eintretender Gesellschafter wurde in § 721a BGB übernommen. Anders als bei Kapitalgesellschaften, die Gläubigerschutz durch das abgesicherte Grundkapital erreichen, ist er bei der GbR, bei welcher beliebig auf das Kapital zugegriffen werden kann, durch die persönliche Haftung gekennzeichnet.
Schließlich hält § 728b BGB eine Regelung zu einer – unter Umständen auf fünf Jahre begrenzten – Nachhaftung bereit: Auch nach Ausscheiden des Gesellschafters haftet er für die bis zu seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten.
6. Wandelbarkeit der eGbR
Ursprünglich stand allein den Personengesellschaften die Möglichkeit offen, eine Umwandlung in eine andere Rechtsform nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) vorzunehmen, vgl. § 3 Abs. 1 UmwG a.F. Im Zuge des MoPeG wurde der Kreis der umwandlungsfähigen Rechtsformen nun auf eingetragene GbRs erweitert, § 3 Abs. 1 UmwG.
Möglich ist es aber auch, dass eine in das Gesellschaftsregister eingetragene GbR etwa die Rechtsform der oHG annehmen möchte, die jedoch ihrerseits im Handelsregister einzutragen ist, § 106 Abs. 1 HGB. Nachdem das Gesellschaftsregister jedoch neben das Handelsregister tritt, ist ein Registerwechsel erforderlich. Dieser sog. Statuswechsel beschreibt also den Vorgang der Anmeldung zur Eintragung einer bereits eingetragenen Personengesellschaft in ein anderes Register unter neuer Rechtsform. Insofern sieht § 707c BGB eine umfangreiche Regelung vor, wie ein solcher Statuswechsel abläuft. Geltung beansprucht die Vorschrift dabei nicht nur für die eGbR, sondern für sämtliche Personengesellschaften.
Praxistipp: Die Vorschrift ermöglicht also einen Wechsel von der PartG zu einer GmbH & Co. KG aus Haftungsgründen und damit einen Wechsel vom Partnerschafts- zum Handelsregister. |
7. Und was ist mit der nicht rechtsfähigen GbR?
Was früher der gesetzlichen Konzeption der GbR entsprach, wird heute in den §§ 740 ff. BGB behandelt: die nicht rechtsfähige GbR im Sinne des § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB. Aufgrund der oben erwähnten Aufteilung wird deutlich, dass den neuen Grundtypus nicht mehr eine nicht rechtsfähigen Innengesellschaft bildet.
Die mangelnde Teilnahme am Rechtsverkehr wird in der Praxis dadurch deutlich, dass die Gesellschafter im Verhältnis zu Dritten im eigenen Namen und gerade nicht in dem der Gesellschaft auftreten. Daher werden zwar keine Gesellschaftsverbindlichkeiten, sondern persönliche Verbindlichkeiten des Handelnden begründet. Jedoch sind die Gesellschafter im Innenverhältnis dazu verpflichtet, die vom jeweils handelnden Gesellschafter begründete Rechtsstellung als gemeinsame zu behandeln.
Der Regelungsinhalt der §§ 740 ff. BGB reicht dabei von der Beendigung der Gesellschaft hin zum Ausscheiden eines Gesellschafters. So geht beispielsweise aus § 740 Abs. 1 BGB hervor, dass die nicht rechtsfähige GbR kein Gesellschaftsvermögen bilden kann. Dies kann als Abgrenzungskriterium zur rechtsfähigen GbR herangezogen werden: Die Bildung eines Gesellschaftsvermögens im Sinne des § 713 BGB kann als Indiz für einen bestehenden Willen zur Teilnahme am Rechtsverkehr betrachtet werden.
Schließlich ergeben sich für die nicht rechtsfähige GbR ansonsten kaum Besonderheiten; stattdessen bedient sich das MoPeG der Verweisung auf ausgewählte Vorschriften des Untertitels 2.
Praxistipp: Neben dem Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens ergibt sich ein solcher Wille zur Teilnahme am Rechtsverkehr auch aus der Gesellschaftsregisteranmeldung. So erlangt die GbR ihre Rechtsfähigkeit gemäß § 719 Abs. 1 BGB im Außenverhältnis auch durch die Eintragung. |
II. Was gilt für oHG und KG?
Neben der GbR zählen auch die Personenhandelsgesellschaften, namentlich die oHG sowie die KG bzw. GmbH & Co. KG, zu den Adressaten der Änderungen des MoPeG. Dabei erschöpft sich der Umfang der Neuerungen nicht allein in der Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Angehörige freier Berufe gemäß § 107 Abs. 1 S. 2 HGB (ggf. in Verbindung mit § 161 Abs. 2 HGB).
1. Gesellschafterbeschlüsse – Was, wenn es zum Streit kommt?
Regelungen zum Umgang mit anfechtbaren oder gar nichtigen Gesellschafterbeschlüssen fanden sich bislang nur im Aktienrecht. Während das aktienrechtliche Anfechtungsmodell der §§ 241 ff. AktG auf die GmbH entsprechend angewendet wurde, waren fehlerhafte Beschlüsse bei Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig (sog. Feststellungsmodell).
Nunmehr findet sich in den §§ 110 ff. HGB ein dem Aktienrecht verwandtes Anfechtungsmodell, welches das Feststellungsmodell ablöst und zu mehr Rechtssicherheit im Umgang mit fehlerhaften Beschlüssen führen soll. Unterschieden wird dabei grundlegend zwischen anfechtbaren (§ 110 Abs. 1 HGB) und nichtigen Gesellschafterbeschlüssen (§ 110 Abs. 2 S. 1 HGB):
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2. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus diesem System?
Zunächst einmal sind nichtige Beschlüsse sowie Beschlüsse, die mittels Anfechtungsklage für nichtig erklärt wurden, von Anfang an nichtig, also unwirksam. Im Falle einer vorherigen Vollziehung sind die getroffenen Maßnahmen rückabzuwickeln. Eine Heilungsmöglichkeit nichtiger Beschlüsse nach dem Modell des § 242 AktG sowie eine Bestätigung derselben in Analogie zu § 244 AktG ist ebenfalls nicht vorgesehen. Lediglich anfechtbare Beschlüsse, die an einem Verfahrensmangel leiden, lassen sich durch Bestätigung zur Wirksamkeit verhelfen.
In prozessualer Hinsicht verändert sich zunächst der Klagegegner: Während die Nichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB durch Feststellungsklage gegenüber den Gesellschaftern gerichtlich durchgesetzt werden konnte, muss die erforderliche Anfechtungsklage nunmehr gegen die Gesellschaft selbst gerichtet werden. Weiter ist der Rechtsschutz im Vergleich zur unbefristet möglichen Feststellungsklage eingeschränkt. So sieht § 112 Abs. 1 S. 1 HGB für die Anfechtungsklage eine Frist von drei Monaten vor.
Praxistipp: Vom gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsmodell kann gesellschaftsvertraglich ganz nach den Bedürfnissen der Gesellschaft abgewichen werden. Entweder kann vereinbart werden, das Feststellungsmodell vorzuziehen oder aber eine Kombination aus beiden Modellen. |
III. Was gilt für die PartG?
Weniger umfassend sind die Neuerungen für die Partnerschaftsgesellschaft. Neben der Möglichkeit eines Statuswechsels (s. oben) nach § 4 Abs. 4 PartGG und des Wegfalls des Schriftformerfordernisses für Gesellschaftsverträge aus § 3 PartGG ist auf das geänderte Namensrecht zu verweisen: Mit Inkrafttreten des MoPeG entfällt das Erfordernis den Namen und die Berufsbezeichnung eines Partners im Namen der Partnerschaft zu führen. Nunmehr wird der Zusatz „und Partner“ oder „Partnerschaft“ als ausreichend erachtet, § 2 Abs. 1 PartGG.
C. Zusammenfassung
Die Änderungen, die auf das MoPeG zurückzuführen sind, stellen sich als ausgesprochen vielseitig dar: Die gesetzliche Kodifikation richterlich anerkannter Instrumente, die Schaffung eines Gesellschaftsregisters und die Änderung des GbR-Rechts von der Personen- hin zur Verbandskontinuität, wonach eine GbR nicht mehr durch den Tod aufgelöst wird (vgl. § 723 Abs. 1 BGB) oder die Öffnung der Personengesellschaften für Freiberufler. Aufgrund des Umfangs – so setzt sich das MoPeG aus 137 Artikeln zusammen – kann nicht auf jede kleine Neuerung eingegangen werden. Vielmehr sollte Ihnen dieser Beitrag einen Überblick verschaffen, der Ihnen den Einstieg in das neue Personengesellschaftsrecht erleichtert.
Neben der Schaffung von Transparenz und Rechtssicherheit gehen mit den Neuerungen gehen zwar auch zahlreiche Erleichterungen und Vorteile einher, allerdings zwingen sie auch viele Alt-Gesellschaften dazu, Anpassungen ihrer Gesellschaftsverträgen durchzuführen. Letzteres insbesondere um die Vorteile für sich nutzbar zu machen.
Bei den nötigen Anpassungen ist jedoch ein weit fundierteres Wissen über die nunmehr geltende Rechtslage erforderlich, als es Ihnen dieser Beitrag zu vermitteln vermag. Damit Sie das volle Potenzial ihrer gesellschaftlichen Organisation ausschöpfen können, stehen wir Ihnen gerne mit kompetentem Rat und zuverlässiger Tat zur Seite, um Sie erfolgreich für die Zukunft zu rüsten. Wenn Sie Fragen zum MoPeG oder anderen handels- und gesellschaftsrechtlichen Themen haben, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.
Wenn Sie im Regen der gesetzlichen Neuerungen stehen, halten wir einen Schirm für Sie bereit.
Jan Köster
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.