In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein zum Leiter der Gesellschafterversammlung berufener Gesellschafter seiner eigenen Abwahl passiv zusehen muss weil ihm § 47 IV GmbHG sein Stimmrecht entzieht, oder ob er mit seinem Stimmrecht aktiv auf diesen Vorgang einwirken kann. Hierzu hat das entscheidende Gericht folgenden Leitsatz veröffentlicht:
Ein satzungsgemäß zum Versammlungsleiter in den Gesellschafterversammlungen einer GmbH berufener Gesellschafter unterliegt bei der Abstimmung über den Antrag, ihm die Versammlungsleitung im Hinblick auf einen Interessenkonflikt bei einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu entziehen, keinem Stimmverbot nach § 47 IV GmbHG im Hinblick auf diesen Interessenkonflikt.
BGH, 21.6.2010 – II ZR 230/08
Zweck der Norm
§ 47 IV GmbHG will verhindern, dass jemand als Richter in eigener Sache tätig wird, da in solchen Fällen Menschen dazu tendieren ihre eigenen Interessen über die Interessen der Gesellschaft zu stellen. So wird durch das Urteil auch nicht an der Tatsache gerüttelt, dass ein betroffener Gesellschafter nicht über die Einziehung seiner Geschäftsanteile abstimmen darf, wenn der Grund hierfür in seiner Person zu erkennen ist. Weiterhin ist die Stimmabgabe untersagt, wenn es um die Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigen Grund geht.
Zu klären war allerdings, ob dieser Interessenkonflikt auch dazu berechtigt, den Gesellschafter als Leiter der Gesellschafterversammlung ohne dessen Stimmrecht aus diesem Amt abzuwählen. Diesbezüglich hat das Gericht entschieden, dass bei der Abwahl aus dem Amt sich weder aus § 47 IV GmbHG direkt, noch aus dem darin enthaltenen Rechtsgedanken ein Stimmverbot ableiten lässt. Begründet wurde dies dadurch, dass ein Versammlungsleiter bei einem Interessenkonflikt bezüglich der Punkte der Tagesordnung weder die Beschlussgegenstände aus der Tagesordnung streichen kann, noch die Versammlung vertagen kann. Auch bei der Feststellung der Ergebnisse der Abstimmung muss sich der Versammlungsleitung strikt an die gesetzlichen Vorgaben des § 47 GmbHG halten. Die Gefahr der Einflussnahme zugunsten eigener Interessen ist also im Bezug auf die Abwahl als Leiter der Gesellschafterversammlung nicht vorhanden.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.