In verschiedenen Situationen kann ein GmbH Gesellschafter einem Stimmverbot unterliegen. Dem liegen zwei Prinzipien zu Grunde, welche sich durch das Gesellschaftsrecht ziehen: Niemand soll Richter in eigener Sache sein und Insichgeschäfte sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Nach dem OLG Thüringen ist ein derartiger Fall aber nicht gegeben, wenn ein Gesellschafter über seine eigene Abwahl als Versammlungsleiter in der Gesellschafterversammlung entscheiden soll:
Ein satzungsgemäß zum Versammlungsleiter in den Gesellschafterversammlungen einer GmbH berufener Gesellschafter unterliegt bei der Abstimmung über den Antrag, ihm die Versammlungsleiter im Hinblick auf einen Interessenkonflikt bei einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu entziehen, keinem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG im Hinblick auf diesen Interessenkonflikt (Anschluss an BGH v. 21.6.2010 – II ZR 230/08)
OLG Thüringen, Urt. v. 25.4.2012 – 2 U 520/11
Dem Versammlungsleiter der Gesellschafterversammlung einer GmbH kommt eine wichtige Funktion zu: Wurde von den Gesellschaftern ein Beschluss gefasst, wird das Beschlussergebnis von dem Leiter festgestellt. Dies hat zur Folge, dass der Beschluss mit sofortiger Wirkung als verbindlich gilt und –außer wenn ein Nichtigkeitsgrund vorliegt – nur noch durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage wieder zu Fall gebracht werden kann.
Dennoch begründet diese Stellung alleine noch nicht das Eingreifen eines Stimmverbots, wenn es um seine Abwahl aufgrund eines Interessenkonflikts hinsichtlich eines festzustellenden Gegenstandes der Tagesordnung geht. Um ein Stimmverbot zu rechtfertigen, muss typischerweise damit zu rechnen sein, dass eigenen Interessen den Interessen der Gesellschaft, an einer ordnungsgemäßen Leitung und Beschlussfassung, Vorzug gegeben wird. Dies kann aber nicht bejaht werden, da der Versammlungsleiter zwar Einfluss hat, aber dennoch einen Beschluss nicht durch Absetzung des Gegenstandes von der Tagesordnung oder durch Vertagung der Versammlung verhindern kann. Auch kann er bei der Feststellung des Beschlussergebnisses kein Ermessen ausüben.
Im Übrigen sind die Mitgesellschafter dem Versammlungsleiter auch nicht hilflos ausgeliefert, da er bei einer Regelverletzung aus wichtigem Grund abgesetzt werden kann und auch die festgestellten Beschlüsse durch eine entsprechende Klage noch aus der Welt geschaffen werden können.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.