Hinweispflicht des Steuerberaters in der Insolvenz?

Werden nach Eintritt der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit durch den GmbH-Geschäftsführer Zahlungen getätigt, so hat er diese gem. § 64 GmbHG zu ersetzen. Inwiefern ein Steuerberater, welcher die Gesellschaft in steuerlichen Problematiken betreut, dem Geschäftsführer bei der Feststellung der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit zur Hand gehen muss, war bereits Gegenstand einer Entscheidung des OLG Köln, die in der Fachpresse einigen Widerhall fand. Hinsichtlich der daraufhin ergangenen Revision liegt nun die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor:

1. Das steuerberatende Dauermandat von einer GmbH begründet bei üblichen Zuschnitt keine Pflicht , die Mandantin bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz auf die Pflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, eine Überprüfung in Auftrag zu geben oder selbst vorzunehmen, ob Insolvenzreife besteht.

2. Eine entsprechende drittschützende Pflicht trifft den steuerlichen Berater auch gegenüber dem Geschäftsführer der Gesellschaft nicht.

BGH, Urteil vom 7.3.2013 – IX ZR 64/12

Eine unerkannt gebliebene Insolvenzreife kann für den Geschäftsführer der Gesellschaft drastische Konsequenzen haben. Nicht nur dass er gem. § 64 GmbHG Rückzahlungen ausgesetzt ist, welche oftmals das persönliche Leistungsvermögen sprengen, es steht bei unterbliebener Insolvenzanmeldung auch schnell der Vorwurf der Insolvenzverschleppung im Raum.

Nun könnte man annehmen, dass das Haftungsrisiko nicht nur den Geschäftsführer trifft sondern gleichfalls den langjährigen Steuerberater, welcher durch das Aufstellen der Gesellschaftsbilanzen genauste Kenntnisse des Zahlenwerkes hat. Denkbar ist, dass aus dieser Kenntnis, verbunden mit dem zugrundeliegenden Vertrag, zumindest eine Pflicht des Steuerberaters resultiert, auf die potentielle Insolvenz und die damit verbundenen Pflichten des Geschäftsführers hinzuweisen. Dieser Rückendeckung seitens des Steuerberaters hat der Bundesgerichtshof nunmehr vollends eine Absage erteilt.

Zwar schließt das Berufsbild des Steuerberaters eine Insolvenz- und Sanierungsberatung nicht aus, eine solche muss aber explizit vertraglich vereinbart werden. Sie ist also nicht automatisch Inhalt eines steuerrechtlichen Dauermandats. Würde man eine derartige Pflicht aus dem normales Vertragsverhältnis ableiten, würde dies den Rahmen der Zumutbarkeit sprengen. Einerseits besteht das Vertragsverhältnis zwischen dem Steuerberater und der Gesellschaft und nicht mit dem Geschäftsführer. Andererseits würde sich die Verantwortlichkeit des Steuerberaters unangemessen erweitern, da der Steuerberater neben seiner steuerlichen Haupttätigkeit dann auch eine allgemeine wirtschaftliche Beratung erbringen müsste.

Durch das Erstellen der Bilanz liefert der Steuerberater zwar schon ein erstes Indiz hinsichtlich einer potentiellen Insolvenz, die tatsächliche Feststellung einer solchen erfordert allerdings weit mehr. Es muss durch Aufstellung einer komplexen Überschuldungsbilanz, welche auch die Aufdeckung stiller Reserven und das Erstellen einer Fortführungsprognose umfasst ermittelt werden, ob einer der beiden Insolvenzgründe vorliegt. Dem Steuerberater wird allerdings durch das Aufstellen seiner Bilanz nur eine Teilkomponente, nämlich die bilanzielle Überschuldung offenbar. Es ist nicht zumutbar, dass bereits aufgrund des sich hieraus ergebenden Verdachts hinsichtlich einer Insolvenz ein Hinweis über die insolvenzrechtlichen Risiken und Pflichten erfolgten muss.

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem Aufgabenkreis des Geschäftsführers. Zu dessen originären Aufgaben gehört es Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit im Auge zu behalten und auf Anzeichen, die auf eine Insolvenz hindeuten, entsprechend zu reagieren. Wie ich bereits in einem früheren Artikel ausgeführt habe, gehört hierzu auch die Pflicht eine Organisation zu schaffen, die jederzeit den hierfür nötigen Einblick in die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft ermöglicht. Eventuelle persönliche Unzulänglichkeiten müssen durch externen Rat ergänzt oder ersetzt werden. Im Gegensatz zum Steuerberater hat der Geschäftsführer der Gesellschaft auch weitergehende Einblicke. Er sieht nicht nur die bilanzielle Überschuldung, wie auch der Steuerberater, er hat zudem noch Kenntnis hinsichtlich der Faktoren, welche eine Fortführungsprognose beeinflussen.

Fazit: Als Geschäftsführer kann man sich nicht darauf verlassen, dass der Steuerberater Hinweise hinsichtlich einer potentiellen Insolvenz erteilt. Sollte dies erwünscht sein und verfügt der Steuerberater über entsprechende Qualifikationen, kann eine derartige Beratungsleistung vertraglich vereinbart werden.

 

Benno von Braunbehrens

Benno von Braunbehrens

Rechtsanwalt Benno von Braunbehrens befasst sich seit Jahren mit Themen rund um das GmbH- und Gesellschaftsrecht.

Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.
Benno von Braunbehrens