Systematische Darstellung der Rechtspositon des Hadendelsvertreters mit Fokus auf seine Ansprüche gegenüber dem Unternehmer
Unternehmer, die in dem Markt eintreten oder Ihren Umsatz erhöhen möchten, benötigen eine Vertriebsstragie. Neben einem Onlineauftritt können Handelsvertreter die zukünftigen Kunden für Ihre Produkte zu begeistern. Erfolgreichen Handelsvertretern winken gute Einnahmen durch Provisionszahlungen und bei Beendigung der Tätigkeit oft noch eine satte „Abfindung“. Für beide Vertragsparteien ist es wichtig, Ihre Ansprüche und Ihre Verpflichtungen zu kennen, denn oftmals übersieht der Unternehmer eine Verpflichtung des Handelsvertreters, die viel Geld spart – andererseits kann auch der Handelsvertrter trotz ausbleibender Zahlung des Kunden einen Anspruch auf Provisionszahlungen haben. Über die Möglichkeiten und die Tücken dieser hunderte Jahre alten Rechtsmaterie wird an dieser Stelle mit deutlichem Praxisbezug aufgeklärt.
Trotz der Tatsache, dass es Handelsvertreter schon in der Antike gab, sind Sie auch heute noch aus guten Gründen „on the raod“: Im Römischen Reich entsandten Kaufleute Vertreter in entfernte Regionen, um Waren wie Gewürze, Stoffe, Metalle und Luxusgüter anzubieten. Bis heute sind Handelsvertreter im Wirtschaftsleben nicht wegzudenken, denn sie stellen weiterhin ein wichtiges Bindeglied zwischen Unternehmer und Kunde dar und können zu einer dauerhaften Geschäftsbindung beitragen.
Er ist nicht bloß ein Verkäufer – er ist Berater, Vertrauensperson und, nicht zuletzt, ein eigenständiger Kaufmann, der die Interessen seines Auftraggebers nach außen vertritt.
Im Nachfolgenden werden umfassend die Aufgaben des Handelsvertreters dargestellt. Wir klären, was einen Handelsvertreter ausmacht, welche Rechte und Pflichten ihn begleiten und wie seine Tätigkeit rechtlich geregelt ist. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf seinen finanziellen Ansprüchen: Wie verdient ein Handelsvertreter, und wie gestalten sich seine Vergütungsansprüche gegenüber dem Unternehmer? Dabei werfen wir auch einen Blick auf die gesetzlichen Vorgaben und die Praxis – was bedeutet beispielsweise eine Provision und wie wird sie berechnet?
Nach der Lektüre der Ausführungen haben Sie Verständnis dafür, welche Bedeutung der Handelsvertreter in der Handelswelt hat und welche Rechte und Ansprüche ihm als „Unternehmer im Auftrag“ zustehen. Denn nur wer diese Facetten kennt, kann sich später sicher im Feld der Wirtschaftsverträge bewegen und erfolgreich mit oder als Handelsvertreter agieren.
Es gibt ca. 700.000 Handelsvertreter in Deutschland, z.B. im Finanzdienstleistungssektor für Versicherungen, im Pharmabereich, Konsumsektor (wie Haushaltswaren). All diese Personen sind
(1) selbständige Gewerbetreibenden, die
(2) ständig damit betraut sind,
(3) für einen anderen („Unternehmer“)
(4) Geschäfte zu vermitteln (sog. Vermittlungsvertreter) oder in dessen Namen abzuschließen (Abschlussvertreter).
Wer diese Merkmale erfüllt ist nach der gesetzlichen Definition in § 84 Absatz 1 HGB ein Handelsvertreter. Sehen wir uns die Voraussetzungen näher an:
(1) Selbständiger Gewerbestreibender
1.1 Der Begriff des Gewerbetreibenden entspricht dem Gewerbebegriff in § 1 HGB. Insoweit verweise ich auf die Ausführungen zu Kaufleuten, um an dieser Stelle Wiederholungen zu vermeiden. Zu erwähnen ist jedoch hier die Besonderheit, dass auch der Kleingewerbetreibende Handelsvertreter sein kann (§ 84 Absatz 4 HGB).
1.2 Selbständigkeit ist nach dem Gesetzeswortlaut dann gegeben, wenn der Gewerbetreibende seiten Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Handelsvertreter muss hierfür selbst darüber entscheiden können, wann, wie und gegenüber wem er tätig wird. Diese persönliche Entscheidungsfreiheit ist dann nicht gegeben, wenn er sich nach einem konkreten Arbeits- und Urlaubsplan richten, für seine Tätigkeit eine feste Vergütung erhält und er in die Organisation des Unternehmens eingebunden ist (Arbeitsmittel gestellt bekommt, eine Karte für die Kantine und einen Schlüssel für die Büroräume erhalt). In diesem Fall ist er gem. § 84 Absatz 2 HGB als Angestellter des Unternehmers anzusehen. Er ist rechtlich als Arbeitnehmer zu behandeln – und zwar unabhängig davon, wie er in einem Vertragsverhältnis bezeichnet wird.
(2) Ständige Betrauung
2.1 „Betraut“ zu sein setzt eine vertragliche Verpflichtung voraus. Eine familiäre oder auch gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zum Tätigwerden genügt hierfür nicht. Des Weiteren wird vorausgesetzt, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter die Wahrnehmung seiner Interessen anvertraut hat. Aufgrund der Voraussetzung der Interessenswahrnehmung ist die Betrauung mehr als die bloße ständige Geschäftsverbindung.
2.2 „Ständig“: bedeutet nicht notwendig auf immer und ewig oder langfristig auf unbestimmte Zeit, sondern für eine gewisse Dauer. Ziel ist dabei stets eine unbestimmte Anzahl von Abschlüssen für den Unternehmer zu erreichen. Der Zeitraum kann kalendermäßig überschaubar sein (z.B. eine Saison oder gar nur eine Messe). So oder so wird von einem Dauerschuldverhältnis ausgegangen. Ziel ist ein kontinuierliches Tätigwerden für den Unternehmer.
(3) Tätigkeit des Handelsvertreters für einen Unternehmer
Der Handelsvertreter für für einen anderen tätig werden. Dieser andere wird vom Gesetz als „Unternehmer“ bezeichnet. Bis zur Gesetzesnovelle musste der Unternehmer Kaufmann sein. Nunmehr gilt die Regelung für jeden Unternehmer, denn bei den Regelungen zum Handelsvertreter handelt es sich um Schutzrechte zu Gunsten des Handelsvertreters, weshalb der Begriff für eine breite Anwendbarkeit auch weit auszulegen ist.
Unternehmer kann jede natürliche oder juristische Person (z.B. GmbH oder AG) sein, die ein Gewerbe ausübt. Jede wirtschaftliche Tätigkeit am Markt (auch als Freiberufler) genügt – nicht jedoch, wenn die Tätigkeit in der Privatsphäre verbleibt.
(4) Vermittlung / Abschluss von Geschäften
4.1 Vermittlungsvertrer (§ 84 Absatz 1 Satz 1 Variante 1 HGB)
Ein sog. Vermittlungsvertreter schließt nicht den Vertrag ab, sondern bringt lediglich den Unternehmen und den Dritten zusammen. Diese haben dann ihrerseits die Möglichkeit einen Vertrag abzuschließen. Die Vermittlung setzt dabei voraus, dass der Handelsvertreter den Abschluss von Geschäften durch Einwirkung auf den Dritten fördert – von dessen grundsätzlicher (und autonomer) Abschlussbereitschaft wird ausgegangen, weil wir uns sonst bei der Beurteilung einer Einwirkung auf andere mit dem Zweck ein von diesem ungewolltes Ergebnis zu erreichen schnell im strafrechtlichen Bereich wiederfinden wird – da Handelsvertreter eine friedliche Spezies sind, brauchen wir uns hiermit aber nicht beschäftigen. Vielmehr kommt es auf das Verhandlungsgeschick an, das wieder mitursächlich für ein Geschäft sein muss. Auch wenn dies ohne lange Verhandlungen (z.B. nach einer überzeugenden Produktpräsentation geschieht) ist das ausreichend, solange der Handelsvertreter die beiden abschlussbereiten Personen zusammenbringt.
Nicht ausreichend ist jedoch das bloße Schaffen von Geschäftsbeziehungen ohne die Vermittlung von Einzelgeschäften.
4.2 Abschlussvertreter (§ 84 Absatz 1 Satz 1 Variante 1 HGB)
Anders als der reine Vermittler führt der Abschlussvertreter den Vertragsschluss mit dem Dritten herbei. Irgendwelche Kontroversen über die Mitursächlichkeit seiner Tätikeit erledigen sich dadurch, denn der Abschlussvertreter handelt im Namen des Unternehmers und vertritt diesen.
Da es sich in diesem Fall um deutlich weitreichendere Befugnisse als beim Vermittlungsvertreter handelt, bedarf es für die Abschlussvertretung eines klaren Auftrags samt Vollmacht für den Abschluss.
Vertragsschluss zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, § 85 HGB
Der Vertragsabschluss ist grds. formlos möglich – gar stillschweigend durch schlüssige Handlungen kann er abgeschlossen werden. Auch § 85 HGB stellt keine Formvorschrift dar. Vielmehr stellt diese Vorschrift klar, dass jeder Teil zum Zwecke der Klarstellung die Aufnahme in eine Urkunde verlangen kann. Dieser Anspruch entsteht mit jeder Vertragsänderung neu. Dieser einklagbare Anspruch verjährt drei Jahre nach dem Vertragsende.
Rechte und Pflichten des Handelsvertreters, § 86 HGB
1. Pflichten gegenüber dem Unternehmer
a) Bemühenspflicht des Handelsvertreters, § 86 Absatz 1 Halbsatz 1 HGB
Die Hauptpflicht des Handelsvertreters ist es, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen. Diese Pflicht umfasst insbesondere die Gewinnung neuer und die Pflege vorhandener Geschäftskontakte (was jedoch in der juristischen Literatur umstritten ist). Zwar kann von dem Handelsvertreter nicht verlangt werden, so viele Abschlüsse hereinzuholen, wie es ihm bei größter Anstrengung möglich wäre, jedoch muss er nach einer Anlaufphase „angemessene Umsätze“ erzielen. Es geht dabei auch nicht um die reine Anzahl von Geschäftsabschlüssen (die er ggf. lediglich vermittelt) sondern auch darum, die einzelnen Geschäfte zu den bestmöglichen Bedingungen abzuschließen. Eine bestimmte Umsatzgarantie übernimmt der Handelsvertreter nur bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung.
b) Allgemeine Interessenswahrungspflicht, § 86 Absatz 1 Halbsatz 2 HGB
Der Handelsvertreter hat – entgegen des Wortlauts „hierbei“ – nicht nur bei seinen Bemühungen die Interessen des Unternehmers zu wahren, sondern er muss insgesamt alles unterlassen, was dem Interesse des Unternehmers zuwiderläuft.
Dies bedeutet zweierlei: (1) Die Interessen des Unternehmers haben Priorität vor den Eigentinteressen des Handelsvertreters und (2) die Wahrung der Interessen des Unternehmers vor dem Kunden. Beispielsweise darf der Handelsvertreter keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verraten oder sie für andere verwenden und auch keine Kunden abwerben (Wettbewerbsverbot: keine Konkurrenz zum Unternehmer in dessem sachlichen und räumlichen Geschäftsbereich). Anders ausgedrückt trifft ihn eine TREUEPFLICHT gegenüber dem Unternehmer; ähnlich wie Gesellschafter untereinander eine Treuepflicht haben.
Der Handelsvertreter hat nicht nur schädigende Handlungen gegen den Unternehmer zu unterlassen sondern muss auch aktiv vwerden, um den Unternehmer zu schützen. Beispielsweise hat er einer BONITÄTSPRÜFUNGSPFLICHT. Hierfür sollte er nur verlässliche Daten von seriösen Auskunften wie beispielsweise der Creditreform verwenden.
Verletzt er diese Pflichten, kann sich der Handelsvertreter schadensersatzpflichtig machen. Erfüllt er sie, wird der Unternehmer zu schätzen wissen, wenn er beispielsweise durch einen sachlichen Hinweis auf die kritische Bonität eines potenziellen Vertragspartners hingewiesen wird.
Aus der Treuepflicht bzw. der Pflicht zur Interessenswahrnehmung wird auch das Gebot abgeleitet, Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten, wenn diese eindeutig und angemessen sind.
Berichtspflicht, § 86 Absatz 2 HGB
Der Handelsvertreter hat dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben. Auf Verlangen des Unternehmers muss er auch über den Stand der Bemühungen und die Aussicht auf Abschlüsse berichten (Auskunftspflicht).
Je nach Sachlage hat er auch ungefragt einen Zwischenbericht zu erstatten – dies insbesondere bei Geschäften mit größerem Umsatzvolumen, deren Anbahnung sich hinzieht.
Darüber hinaus besteht für den Handelsvertreter eine Rechenschaftspflicht mit folgendem Inhalt: Mitteilung aller für den Unternehmer bedeutsamen Einzelheiten aus seiner Tätigkeit (seien diese geschäftlicher Natur wie anstehende Abschlüsse oder auch persönlicher Natur wie Krankheit).
Sorgfaltspflicht, § 86 Absatz 3 HGB
Bei der Wahrnehmung der o.g. Pflichten hat der Handelsvertreter die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu beachten. Sofern es sich bei dem Handelsvertreter um einen Kaufmann handelt, ergibt sich dies schon aus § 347 HGB und im Übrigen aus der Interessenwahrnehmungspflicht.
Was unter der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu verstehen ist, haben wir bereits an anderer Stelle erläutert.
Verschwiegenheitspflicht, § 90 HGB
Die Pflicht des Handelsvertreters bei der Geschäftsvermittlung die ihm bekannten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geheimzuhalten folgt schon aus seiner Treuepflicht.
Die Regelung des § 90 HGB stellt darüber hinaus klar, dass der Handelsvertreter auch außerhalb seiner Vermittlungstätigkeit die Stillschweigen zu bewahren hat. Diese Verpflichtung gilt ggf. auch schon vor Abschluss des Handelsvertretervertrags.
Darüber hianaus trifft den Handelsvertreter die nachvertragliche Pflicht, die ihm bekannten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht zu verwerten. Auf welche Art und Weise ihm diese bekannt geworden sind, ist dabei unwichtig: sie können ihm anvertraut worden sein (d.h. in vertraulicher Weise mitgeteilt worden sein) oder eben sonstwie zu seiner Kenntnis gelangt sein – gleich ob befugt oder unbefugt.
Wettbewerbsabrede bezüglich eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (§ 90a HGB)
Auch ohne besondere Vereinbarung hierüber besteht während des laufenden Handelsvertretervertrags ein Wettbewerbsverbot: der Handelsvertreter darf dem Unternehmer keine Konkurrenz machen.
Hingegen besteht nach Vertragsschluss grundsätzlich kein Wettbewerbsverbot, weshalb der Handelsvertreter frei ist, mit dem Unternehmer, für den er zuvor noch tätig war, zu konkurrieren. Aufgrund der „Gefährlichkeit“ einer solchen Wettbewerbstätigkeit für den Unternehmer kauft er sich häufig frei, indem er ihm für einen Zeitraum von ein oder (höchstens) zwei Jahren den Wettbewerb untersagt. Dieses Wettbewerbsverbot bedarf in formeller Hinsicht der Schriftform samt Aushändigung einer Urkunde.
Inhaltlich muss sich das Verbot räumlich und sachlich auf den Bereich und die Gegenstände erstrecken, auf die sich die Tätigkeit des Handelsvertreters vorher bezogen hat.
Wenn das Wettbewerbsverbot diese Voraussetzungen erfüllt, steht dem Handelsvertreter eine angemessene Karenzentschädigung zu. Die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ist in diesem Fall (anders als bei § 74 Absatz 2 HGB) nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für das Wettbewerbsverbot. Die Angemessenheit richtet sich nach Dauer und Höhe der dem Handelsvertreter entgehenden Provisionen.
Ein Verzicht auf dieses Wettbewerbsverbot ist lediglich dem Unternehmer, nicht aber dem Handelsvertreter möglich. Bei einem solchen Verzicht, ist auch keine Karenzentschädigung mehr geschuldet. Dies freilich unter der Voraussetzung, dass das 6-monatige Moratorium eingehalten wird. Im Falle einer Kündigung des Handelsvertretervertrags aus wichtigem Grund, verkürzt sich diese Frist auf einen Monat, § 90a Absatz 3 HGB. Dies gilt für beide Seiten, so dass sich in diesem Fall bei einer Kündigung durch den Unternehmer die Frist auf einen Monat verkürzt.
Der Handelsvertreter hat gegenüber dem Unternehmer die nachfolgenden, in den §§ 86a ff. HGB geregelten Rechte. Diese sind im Gesetz nicht abschließend geregelt, denn auch er muss seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrnehmen und dabei stets die Interessen des Handelsvertreters berücksichtigen, ihn unterstützen und auf ihn Rücksicht nehmen.
Pflichten des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreters:
Unterstützung, § 86a Absatz 1 HGB
Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter kostenlos notwendige Materialien für die Ausübung seiner Tätigkeit zu überlassen. Das sind bspw. Muster, Preislisten und Werbedrucksachen. Hinsichtlich dessen, was erforderlich ist, hat der Unternehmer ein sog. Auswahlermessen. Er ist insoweit oft gut beraten, die Rückmeldung des Handelsvertreters zu berücksichtigen, der den direkten Kontakt zu den Kunden hält. Nach Vertragsende hat der Handelsvertreter die Unterlagen zurückzugeben.
Informationspflicht / Wettbewerbsverbot für den Unternehmer, § 86a Absatz 2 HGB
Der Unternehmer muss dem Handelsvertreter die für den Zweck des Handelsvertreterverhältnisses erforderlichen Informationen geben. Hiermit ist insbesondere die Nachricht darüber gemeint, ob die von dem Handelsvertreter angebahnten Abschlüsse zustandekommen. Darüber hinaus hat der Unternehmen dem Handelsvertreter unverzüglich mitzuteilen, wenn sein Auftragsannahme begrenzt, bspw. durch limitierte Produktionsmöglichkeiten o.a.
Grundsätzlich steht es dem Unternehmer frei, die vom Handelsvertreter angebotenen Geschäfte anzunehmen oder abzulehnen. Er hat eine unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Etwas anderes gilt jedoch bei Willkür oder gar der Absicht, den Handelsvertreter zu schädigen. Der Unternehmer muss die Arbeit des Handelsvertreters unterstützen und auf dessen Belange Rücksicht nehmen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass der Handelsvertreter selbständig ist und daher nicht denselben Support wie ein Arbeitnehmer erwarten darf. Nichts desto trotz muss er alles unterlassen, was den Handelsvertreter benachteiligt.
Darüber hinaus darf der Unternehmer auch dem Handelsvertreter grds. wohl keinen Wettbewerb durch einen anderen Handelsvertreter machen. Genaues ist meist in dem Vertrag zwischen Unternehmer und Handelsvertreter geregelt und bestimmt sich auch danach, ob dem Handelsvertreter eine Alleinvertretung, Bezirksschutz oder Kundenschutz zugesagt ist. Er wird aber einen Online-Vertrieb eröffnen dürfen, wenn nichts anderes vertraglich vereinbart wurde.
Delkredereprovision, § 86b HGB
Der Handelsvertreter hat die Pflicht gegenüber dem Unternehmer, die Bonität des potenziellen Kunden zu prüfen, muss aber grds. nicht für den Ausfall von Forderungen des Unternehmers haften. Möchte er die Haftung für die Vertragserfüllung durch den Kunden übernehmen, bedarf dies einer besonderen vertraglichen Vereinbarung mit der er sich hierzu verpflichtet (sog. Delkredere). Der Grund für die Übernahme dieses Risikos kann in seinem Interesse an dem Vertragsabschluss und der davon abhängigen Provisionszahlung liegen. Hierfür gibt ihm diese Regelung den Anspruch auf eine zusätzliche Provision neben der Vergütung für den Abschluss bzw. die Vermittlung, wenn nicht die Ausnahmeregelung von § 86b Absatz 3 HGB eingreift.
Vergütungsanspruch, Abschlussprovision, § 87 HGB
Der Handelsvertreter erhält für seine Tätigkeit seine eigentliche Provision, die über die oben dargestellte Delkredereprovision hinausgeht. Dieser Provisionsanspruch hat folgenden Voraussetzungen:
- Es muss ein wirksamer Handelsvertretervertrag bestehen. Im Fall der Unwirksamkeit kann der Handelsvertreter keine Vergütung verlangen; es sei denn, die Unwirksamkeit beruht auf einem vom Unternehmer zu vertretenden Grund (vgl. § 87a Absatz 3 HGB).
- Rechtswirksamer Vertragsabschluss zwischen Unternehmer und Kunde: Da die Tätigkeit des Handelsvertreters erfolgsabhängig ist, hängt sein Provisionsabschluss davon ab, dass der Unternehmer den Vertrag mit dem Kunden abschließt (Erfolgsvergütung). Der Unternehmer seinerseits darf den Vertragsschluss jedoch nur ablehnen, wenn er für die Ablehnung vernünftige und einleuchtende Gründe vorbringen kann.
- Ursächlichkeit: Provisionspflichtig sind solche Geschäfte, die auf die Tätigkeit des Handelsvertreters zurückzuführen sind. Seine Mitursächlichkeit ist ausreichend; selbst dann, wenn er keine besonderen Bemühungen entfalten musste oder Aufwand für die Vermittlung bzw. den Abschluss hatte.
- Der Geschäftsabschluss muss außerdem während der Laufzeit des Handelsvertreter-Vertrags erfolgt sein, dann Auszahlung der Provision auch nach Vertragsende. Kommt der Vertragsabschluss erst nach Ende des Handelsvertretervertrags zustande, findet § 87 Absatz 3 HGB Anwendung.
- Der Unternehmer muss das Geschäft ausgeführt haben. Es ist ausreichend, wenn der Unternehmer die von ihm vertraglich geschuldete Leistung erbringt – auch wenn diese ggf. mangelhaft ist, denn die Leistungshandlung (nicht der Leistungserfolg) löst den Provisionsanspruch aus.
- Der Dritte muss das Geschäft ausgeführt haben – wenn der Dritte nicht leistet, besteht kein Anspruch, § 87a Absätze 1, 2 HGB.
Provsionshöhe, § 87b HGB
Die Höhe des Provisionsanspruchs regelt § 87b HGB für den Fall, dass keine vertragliche Regelung über die Provision getroffen wurde. In diesem (praktisch seltenen) Fall wird die Üblichkeit anhand von Kriterien der räumlichen und sachlichen Angemessenheit bestimmt. Sollte diese nicht klar feststellbar sein, würde ein Gericht hierüber nach billigem Ermessen entscheiden.
Die Beendigung des Handelsvertretervertrags
§ 89 HGB: ordentliche Kündigung (Spezialregelung für Handelsvertreter)
Es handelt sich um eine spezielle Kündigungsregelung für Handelsvertreter. Die Kündigungsfristen ergeben sich aus dem Wortlaut der Regelung.
§ 89a HGB: außerordentliche Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
Ein solcher wichtiger Kündigungsgrund ist dann gegeben, wenn dem Kündigenden bei Abwägung der Umstände des Einzelfalls nicht einmal mehr die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ende der hypothetischen Kündigungsfrist zumutbar ist. Grundsätzlich wird hierfür immer eine vorherige Abmahnung vorausgesetzt. Diese ist nur dann entbehrlich, wenn die Vertragsverletzung so gravierend ist, dass eine Vertrauensbasis nicht wieder herzustellen ist.
Ansprüche des Handelsvertreters bei Beendigung
Schadensersatz, § 89a HGB
Der Handelsvertreter kann einen Schadensersatzanspruch haben, wenn Kündigung durch Verhalten des Anderen veranlasst ist. Der Schaden kann dan bspw. in Provisionsverlusten bis zum Ende der normalen Kündigungsfrist bestehen.
Ausgleichsanspruch, § 89b HGB
Der Ausgleichsanspruch ist in der Praxis der größte Streitpunkt, u.a. weil nach der Beendigung des Vertrags die Hemmschwelle sinkt, Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Es handelt sich um eine Schutzvorschrift für den Handelsvertreter. Dieser soll eine Vergütung für den Ausbau des Kundenstamms zu Gunsten des Unternehmers erhalten, wenn Unternehmer noch nach Ende von den vorherigen Handlungen des Handelsvertreters profitiert. Es ist eine der Billigkeit entsprechende Gegenleistung, denn der Unternehmer profitiert vom durch den Handelsvertreter geschaffenen Goowill oder Kundenstamm ohne dass daraus ein Provisionsanspruch für den Handelsvertreter entsteht.
Dieser Anspruch hat drei Voraussetzungen:
- Beendigung des HV-Vertrag: vor Beendigung besteht dieser Anspruch also nicht;
- Unternehmervorteile: Unternehmer zieht nach Beendigung erhebliche Vorteile durch Neukunden. Kunde ist derjenige, der mit dem Unternehmer ein Geschäft abschließt. Die bloße Kontaktherstellung ist insoweit nicht ausreichend. Auch eine Ausweitung des Geschäfts mit Altkunden ist bei relevanter Umsatzerhöhung (sog. gesteigerter Altkunde) ausreichend. Erhebliche Vorteile hat der Unternehmer dann, wenn für ihn eine nutzbare Geschäftsbeziehung entsteht, insbesondere bei Stammkunden oder Neukunden, von denen Nachbestellungen zu erwarten sind (Prognose bei Vertragsende nach § 287 ZPO: je langlebiger die Wirtschaftsgüter, desto länder der Prognosezeitraum – 2 bis 5 Jahre) [i.d.R. 10 – 25%]. Hierbei ist eineAbwanderungsquote zu berücksichtigen, die sich nach der jeweiligen Branche richtet. Außerdem müsste der Handelsvertreter bei einer Weiterführung des Vertrags weitere Provisionen verdient haben.
- Zahlung entspricht der Billigkeit: Dieser Punkt ermöglicht die Berücksichtigung vertragsbezogener Umstände (Hintergründe der Vertragsbeendigung, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse, Rückgang von Umsätzen wenn dies dem Handelsvertreter zuzurechnen ist; Konkurrenztätigkeit des Handelsvetreters).
- Keine Ausschlussgründe nach § 89b Absatz 3 HGB. Ausschlussgründe sind bspw. folgende:
- Eigenkündigung des Handelsvertreters
- außer, wenn Unternehmer durch sein Verhalten Anlass gegeben hat (so auch bei Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmers);
- außer wenn Handelsvertreter den Vertrag wegen Alter oder Krankheit nicht fortsetzen konnte.
- Sonstiger vom Handelsvertreter schuldhaft gesetzter Grund. Insoweit gelten strenge Anforderungen und es ist ein schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters notwendig);
- Übertragung des Handelsvertreter-Vertrags an einen Nachfolger (da davon ausgegangen wird, dass der Handelsvertreter dann dafür im Rahmen einer sog. Eintrittvereinbarung erhält).
- Eigenkündigung des Handelsvertreters
Im Übrigen gilt, dass ein vertraglicher Ausschluss des Anspruchs im Vertrag (im Voraus) nicht möglich ist. Das schließt eine Regelung nach Beendigung nicht aus.; allerdings Regelung nach Beendigung möglich
Zu beachten ist jedoch auch der AUGLEICHSHÖCHSTBETRAG nach § 89b IV 2 HGB.
Die obigen Vorschriften über Handelsvertreter sind auch (wenigsten teilweise) auf folgende Personengruppen anwendbar:
Handelsmakler, § 93 HGB
Der Handelsmakler ist gewerbsmäßig tätig und vermittelt Geschäfte; anders als der Handelsvertreter ist er nicht ständig betraut, d.h. hier liegt kein ständiges Vertragsverhältnis vor.
Vertragshändler
Er kauft Waren oder Dienstleistungen des Hauptunternehmers ein und verkauft diese dann im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an Dritte. Anders als der Handelsvertreter trägt er das Absatzrisiko und ist selbst Vertragspartner des Kunden.
Auf den Vertragshändler sind die Regelungen zum Ausgleichsanspruch entsprechend anwendbar, wenn er in dessen (Absatz-)Organisation eingegliedert und zur Übertragung von Kunden verpflichtet ist, die sich der Unternehmer dann zunutze machen kann.
Franchisenehmer
Zum Franchisenehmer existieren trotz der hohen praktischen Relevanz keine vertraglichen Regelungen. Er ist durch einen Rahmenvertrag in einer Dauerbeziehung zum Unternehmer und handelt auf eigenen Namen und in eigener Rechnung (d.h. auch er ist selbständig tätig). Er nutzt das Know-How des Franchisenehmers und muss dafür eine Franchisgebühr zahlen. Auch er kann Ausgleichsansprüche geltend machen, wenn bei ihm dieselben Voraussetzungen hierfür wie beim Vertragshändler vorliegen (s.0.: voriger Absatz).
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