Handelskauf

Der Gesetzgeber hat in den Vorschriften §§ 372 ff. HGB besondere Regeln für den Handelskauf aufgestellt. Diese sollen insbesondere für eine schnelle und einfache Abwicklung dieser Geschäfte dienen. Ausreichend ist insoweit ein EINSEITIGES HANDELSGESCHÄFT, das vorliegt, wenn lediglich der Verkäufer (oder auch der Käufer) Kaufmann ist. Neben diesen speziellen Vorschriften sind auch die bereits thematisierten Vorschriften zu allg. Handelsgeschäften anwendbar.

Der Begriff des Handelskaufs wird im Gesetz selbst nicht definiert. Erfasst sind hiervon alle Rechtsgeschäfte über den entgeltlichen Erwerb von Waren und Wertpapieren (§ 381 HGB). Auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Kundenkarteien (ACHTUNG: DATENSCHUTZ !) und andere Werte wie der Firmenwert (sog. Good-Will) können Gegenstand dieses Kaufvertrags sein – nicht jedoch beispielsweise für Immobilienkäufe. Zu diesen Rechtsgeschäften gehören neben dem Kauf („Umsatz von Sachen oder Rechten gegen Geld“) auch  beispielsweise Tauschverträge (§ 480 HGB).

In der Gesamtheit ist daher festzuhalten, dass der Verkäufer bei einem Handelsgeschäft besser steht, als bei einem Kaufvertrag nach den §§ 433 ff. BGB. Warum dies so ist, wird nachfolgend dargestellt:

Annahmeverzug, § 373 HGB

Diese Vorschrift regelt den Fall, wenn sich ein Käufer in Annahmeverzug befindet. Dieser liegt vor, wenn der Gläubiger einer Leistung (in der Regel der Käufer) die ihm angebotene Leistung des Schuldners (z.B. des Verkäufers) nicht annimmt, obwohl der Schuldner ihm die Leistung ordnungsgemäß, zur richtigen Zeit und am richtigen Ort anbietet (§ 293 BGB). Die Voraussetzungen sind:

  1. Erfüllbarkeit der Leistung: Die Leistung muss fällig und erfüllbar sein.
  2. Tatsächliches Angebot: Der Schuldner muss die Leistung so anbieten, wie es im Vertrag vereinbart ist (§ 294 BGB). Bei Geldschulden reicht ein wörtliches Angebot aus (§ 295 BGB).
  3. Nichtannahme des Gläubigers: Der Gläubiger verweigert die Annahme oder nimmt die Leistung aus einem anderen Grund nicht an.

Der Annahmeverzug hat zur Folge, dass der Schuldner von seiner Haftung für zufälligen Untergang der Sache befreit wird (§ 300 Abs. 1 BGB) und unter bestimmten Umständen Ersatz für Mehraufwendungen verlangen kann (§ 304 BGB)

Hinzu kommt für den Verkäufer im Fall eines Handelskaufs ein Hinterlegungsrecht, § 373 I HGB. Die Gefahr einer Beschädigung der Sache und auch die Kosten für die Hinterlegung trägt der Käufer. Zwar hat der Verkäufer durch die Hinterlegung noch nicht den Kaufvertrag erfüllt (er schuldet noch immer die Übertragung des Eigentums an der Ware bei Zahlung des Kaufpreises), jedoch wird er von der Last der eigenen Aufbewahrung erfüllt.

Alternativ zur Hinterlegung kann der Verkäufer die Ware auch im Wege der öffentlichen Versteigerung oder durch freihändigen Verkauf veräußern (sog. Selbsthilfeverkauf). Voraussetzung hierfür ist, dass er dies dem Käufer angedroht und ihm die Chance gegeben hat,  den bevorstehenden Verkauf zu verhindern. Bei einem ordnungsgemäßen Selbsthilfeverkauf erlischt der Lieferanspruch des Käufers, da der Verkäufer den Selbsthilfekauf „für Rechnung des Käufers“ durchführt, § 373 Absatz 3 HGB.

Bestimmungskauf, § 375 HGB

Unter einem Bestimmungskauf versteht man einen Kaufvertrag, bei dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht alle Eigenschaften der Kaufsache konkret festgelegt sind. Dies kann beispielsweise Farbe, Größe oder andere besondere Merkmale der Sache umfassen)

Auch diese Bestimmung ist bei solchen einseitigen Handelsgeschäften anwendbar, bei denen allein der Verkäufer Kaufmann ist. In Anbetracht der negativen Wirkungen für den Käufer ist das erstaunlich und ein Fremdkörper in dem sonst so verbraucherschützenden Umfeld von Rechtsvorschriften – aber wir bewegen uns hier ja im HGB als Spezialgesetz für Kaufleute. Insoweit passt der Zweck, da eine möglichst schnelle und unproblematische Vertragsabwicklung sichergestellt werden soll.

Fixhandelskauf, § 376 HGB

Ein Fixhandelskauf ist eine besondere Form des Kaufvertrags im Handelsrecht, die in § 376 HGB geregelt ist. Es handelt sich um einen Kauf, bei dem die Einhaltung einer bestimmten Leistungszeit (Lieferzeit) derart wesentlich ist, dass die Leistung nach Ablauf dieser Zeit für den Käufer keinen Wert mehr hat; bei diesem sog. absolutes Fixgeschäft ist die Leistungszeit von so überragender Bedeutung, dass die Leistung danach nicht mehr möglich ist. Hingegen wäre bei einem relativen Fixgeschäft die Leistung noch möglich – jedoch war die Rechtzeitigkeit der Leistung von so überragender Bedeutung, dass mit ihr der gesamte Vertrage „stehen und fallen“ soll. Anzeichen für diese Wichtigkeit sind Klauseln wie „fix“, „genau“ oder „spätestens“ / „Nachfrist ausgeschlossen“.  Bei der Vorschrift des § 376 HGB handelt es sich um einen Spezialfall dieses relativen Fixgeschäfts.

Voraussetzungen eines Fixhandelskaufs

Damit ein Fixhandelskauf vorliegt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Handelskauf: Für eine der Parteien muss der Vertrag ein Handelsgeschäft sein. Nach dem Wortlaut gilt diese Regelung auch dann, wenn der Käufer ein Verbraucher ist (trotz der ihn belastenden Regelung des § 376 Absatz 1 Satz 2 HGB)
  2. Bestimmte Leistungszeit: Die Leistungszeit muss fest vereinbart sein, und es muss sich um eine fixe, kalendermäßig bestimmbare Zeit handeln. Dies kann z. B. ein bestimmter Tag oder eine bestimmte Uhrzeit sein, muss aber nicht – eine Bestimmbarkeit ist ausreichend.
  3. Wesentlichkeit der Zeit: Es muss erkennbar sein, dass die Einhaltung dieser Zeit für den Käufer von entscheidender Bedeutung ist. Hierbei kann es sich um Geschäfte handeln, bei denen eine Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen muss, um ihren wirtschaftlichen Zweck zu erfüllen (z. B. Lieferung zu einem Event).
  4. Erkennbarkeit für den Verkäufer: Der Verkäufer muss wissen oder erkennen können, dass der Käufer den Zeitpunkt als wesentlichen Vertragsbestandteil ansieht.

Rechtsfolgen eines Fixhandelskaufs

Liegt ein Fixhandelskauf vor und hält der Verkäufer den vereinbarten Liefertermin nicht ein, so ergeben sich für den Käufer bestimmte Rechtsfolgen:

  1. Automatisches Rücktrittsrecht: Der Käufer hat gemäß § 376 Abs. 1 HGB das Recht, sofort vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Verkäufer die Lieferung nicht pünktlich erbringt. Dieses Rücktrittsrecht besteht unabhängig davon, ob der Verkäufer die Verzögerung zu vertreten hat oder nicht. Der Käufer muss jedoch unverzüglich erklären, dass er zurücktritt, um von diesem Recht Gebrauch zu machen.
  2. Schadenersatz: Zusätzlich kann der Käufer gemäß den allgemeinen Regelungen (§ 280, § 281 BGB) Schadenersatz verlangen, wenn ihm durch die verspätete oder unterbliebene Leistung ein Schaden entsteht. Dies setzt voraus, dass der Verkäufer die Verzögerung oder die Nichterfüllung zu vertreten hat. Anders als der Wortlaut suggeriert kann der Käufer auch zurücktreten und Schadensersatz verlangen (§ 325 BGB).
  3. Entfall der Annahmepflicht: Der Käufer ist nicht verpflichtet, eine verspätete Lieferung anzunehmen. Der Fixhandelskauf führt also dazu, dass eine verspätete Leistung als Nichterfüllung behandelt wird.

Zusammengefasst ist der Fixhandelskauf ein Kauf, bei dem die Einhaltung der Leistungszeit eine zentrale Rolle spielt. Verstreicht die vereinbarte Zeit ohne Erfüllung, hat der Käufer sofortige und starke Rechtsmittel, um seine Interessen zu schützen, wie das Rücktrittsrecht und ggf. die Möglichkeit, Schadenersatz zu verlangen.

Rügeobliegenheit, § 377 HGB

Diese in der Praxis sehr relevante Vorschrift soll ebenfalls die Schnelligkeit und Leichtigkeit des Handelsverkehrs ermöglichen: der Verkäufer soll möglichst schnell Kenntnis über etwaige Mängelrügen erlangen, um sich darauf einstellen zu können.

Voraussetzungen der Untersuchungs. und Rügeobliegenheit

1. Beiderseitiger Handelskauf: Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags müssen beide Parteien Kaufleute sein.

2. Ablieferung der Ware: Die Ware muss abgeliefert worden sein. D.h., dass der Käufer oder eine von ihm benannten Person die Ware in seine tatsächliche Verfügungsgewalt bekommen hat und es ihm möglich ist, die Beschaffenheit der Ware zu überprüfen.

3. Mangel: Die gekaufte Ware muss bei Ablieferung einen Sachmangel aufweisen. Es kann sich um einen Qualitätsmangel, einen Quantitätsmangel oder eine sog. aliud-Lieferung handeln ( „aliud“ = „andersartig“ d.h. die Lieferung einer anderen als der bestellten Sache). Wenn es sich um verdeckte Mängel handelt, müssen diese unverzüglich nach der Erkennbarkeit gerügt werden, § 377 Absatz 3 HGB.

4. Kein Ausschluss nach § 377 Absatz 5 HGB: Die Versäumung der Rüge bleibt ohne Folgen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Auch insoweit ist der Zeitpunkt der Ablieferung maßgeblich. Verschweigen ist das bewusste Unterlassen einer nach Treu und Glauben gebotenen Handlung (z.B. ein fehlender Hinweis auf eine Beschaffenheitsänderung bei einem langfristigen Warenbezug).

Inhalt der Untersuchungsobligenheit

Den Käufer trifft die Obliegenheit im eigenen Interesse des Käufers. Eine Obliegenheit ist im juristischen Sinne eine Verhaltensanforderung, deren Nichtbeachtung für den Betroffenen nachteilige Rechtsfolgen haben kann, jedoch ohne dass ihm dadurch eine rechtliche Verpflichtung auferlegt wird. Im Gegensatz zu einer Pflicht, die einklagbar ist und deren Verletzung zu Schadensersatz oder anderen rechtlichen Sanktionen führen kann, hat die Verletzung einer Obliegenheit lediglich nachteilige Konsequenzen für denjenigen, der die Obliegenheit nicht erfüllt.

Wie und in welchem Umfang der Käufer die Ware zu untersuchen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine „Rundum-Untersuchung“ im Hinblick auf alle in Betracht kommenden Mängel ist zwar nicht erforderlich und schon gar nicht müssen technische Geräte auseinandergeschraubt werden – jedoch wird ein Probelauf notwendig sein. Bei großen Warenmengen sind Stichproben zu nehmen. Wenn dem Käufer die eigene Sachkunde vollends fehlt, hat er auf Sachverständige zurückzugreifen.

Rechtsfolgen

Kommt der Käufer seiner Rügeobliegenheit rechtzeitig und ordnungsgemäß nach, ändert sich die Rechtslage nicht. Ihm bleiben sämtliche Mängelrechte erhalten – darüber hinausgehende Rechte erwirbt er nicht.

Kommt er hingegen der Rügeobliegenheit nicht oder nicht rechtzeitig nach, gilt die Ware als von ihm genehmigt, § 377 Absatz 2 HGB. Die Ware ist dann als gebilligt anzusehen und der Verkäufer wird so gestellt, als habe er mangelfrei geleistet Genehmigungsfiktion). Der Käufer verliert als Folge all diejenigen Rechte, die auf dem Mangel beruhen – solche Rechte, die nicht auf dem Mangel beruhen wie Schadensersatzansprüche aufgrund der Verletzung von Nebenpflichten durch den Verkäufer bleiben erhalten.

Fazit: Die Versäumung der Untersuchung gelieferter Ware kann weitreichende Folgen haben. Daher ist dieser Obliegenheit im eigenen Interesse nachzukommen.