Die Handelsgeschäfte des HGB sind in den § 343ff. HGB geregelt. In den folgenden Ausführungen werden die einzelnen Handelsgeschäfte und Handelsbräuche und solche Besonderheiten dargestellt, wie sie für Unternehmener von (nicht nur theoretischem) Interesse sind. Vielmehr wird auch die erhöhte Sorgfaltspflicht von Kaufleuten dargestellt und mitgeteilt, wie diese am besten zu erfüllen ist.
Dieser vierte Abschnitt des Handelsgesetzbuch bildet jedoch nicht die Vielfalt der von Kaufleuten im Geschäftsalltag abzuschließenden Geschäfte dar, die im Alltag anzutreffen sind, sondern beschäftigt sich lediglich mit einem Ausschnitt dieser Geschäfte. Diese Regeln modifizieren teilweise die Vorschriften des BGB (Stichwort: Sonderprivatrecht für Kaufleute). Soweit also keine Sondervorschriften eingreifen, findet weiter das BGB Anwendung.
Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschriften ist weiterhin die Kaufmannseigenschaft. Darüber hinaus muss das entsprechende Geschäft dem geschäftlichen Verkehr (und nicht den privaten Angelegenheiten) des Kaufmanns zuzuordnen sein. Unter Geschäfte in diesem Sinne fallen alle Vorgänge, die zur Erzielung von Gewinnen oder der Erhaltung der Substanz des Handelsgewerbes dienen. Es müssen hierfür nicht immer Verträge geschlossen werden; ausreichend ist das Vorliegen von geschäftsähnlichen Handlungen (wie z.B. auch Mahnungen). Für die Betriebszugehörigkeit ist schon ein lockerer Zusammenhang ausreichend. In Zweifelsfällen hilft insoweit schon die Vermutungsregelung des § 344 Absatz 2 HGB, wonach Geschäfte des Kaufmanns im Zweifel seinem Handelsgeschäft zuzuordnen sind.
Es müssen also folgende Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 343 ff. HGB gegeben sein:
1. Geschäft (jedes rechtserhebliche Verhalten) |
2. Kaufmann |
3. Betriebszugehörigkeit |
Es reicht übrigens oft schon aus, wenn das Geschäft für eine Seite ein Handelsgeschäft ist, § 345 HGB. Allerdings gibt es auch Geschäfte, für die vorgeschrieben ist, dass es sich um ein beidseitiges Handelsgeschäft handeln muss. Wenn dies vorausgesetzt ist, wird dies auch in der entsprechenden Vorschrift ausdrücklich erwähnt.
Handelsbräuche, § 346 HGB
Dieser Paragraph ist ein wichtiger Bestandteil des Handelsrechts und bezieht sich auf die Gepflogenheiten, die im geschäftlichen Verkehr von Kaufleuten üblich sind. Wir werden uns anschauen, was Handelsbräuche genau sind, welche Rolle sie in der Praxis spielen und welche Beispiele es gibt.
a) Was ist in § 346 HGB geregelt?
§ 346 HGB ist eine zentrale Vorschrift des HGB und regelt den Einfluss von Handelsbräuchen auf das Rechtsverhältnis zwischen Kaufleuten. Er besagt, dass Handelsbräuche und Gebräuche des Handelsstandes, die am Ort des Geschäftssitzes oder des Vertragsorts gelten, bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen zu berücksichtigen sind.
Wichtig: Handelsbräuche haben nur dann eine Bedeutung, wenn die Beteiligten Kaufleute sind. Diese Bräuche wirken ergänzend und konkretisierend zu den gesetzlichen Regelungen und Verträgen, sofern nichts anderes ausdrücklich vereinbart wurde.
b) Definition von Handelsbräuchen
Handelsbräuche sind allgemeine Gepflogenheiten und Regeln, die sich im Handelsverkehr etabliert haben und von Kaufleuten allgemein beachtet werden. Sie entstehen aus der Praxis und können je nach Branche und Region variieren. Handelsbräuche entwickeln sich also durch langjährige Übung und Anerkennung im Geschäftsleben.
Beispiele für solche Bräuche sind die Art der Preisberechnung oder Regelungen über den Zeitpunkt der Zahlung.
c) Bedeutung der Handelsbräuche im geschäftlichen Verkehr
Handelsbräuche dienen der Vereinfachung und Standardisierung des Geschäftsverkehrs. Sie helfen dabei, Unsicherheiten zu reduzieren, indem sie Klarheit über typische Abläufe und Regeln schaffen. Das bedeutet, dass Kaufleute sich auf etablierte Gepflogenheiten verlassen und so effizienter und sicherer handeln können.
d) Welche Handelsbräuche gibt es heutzutage?
Hier einige Beispiele für moderne Handelsbräuche:
- Freie Lieferung („frei Haus“): Wie im Beispiel erwähnt, bedeutet dies, dass der Verkäufer die Transportkosten übernimmt. Fehlt eine ausdrückliche Regelung im Vertrag, kann auf diesen Handelsbrauch zurückgegriffen werden.
- Skonto: Es ist üblich, dass Kaufleute Skonto gewähren, wenn eine Zahlung innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt. Das ist ein klassisches Beispiel eines Handelsbrauchs im Zahlungsverkehr.
- Zahlungsziel „30 Tage netto“: In vielen Branchen ist es üblich, dass Rechnungen innerhalb von 30 Tagen nach Rechnungsstellung beglichen werden. Dieser Zahlungszeitraum ist ein weit verbreiteter Handelsbrauch, der allerdings je nach Branche variieren kann.
- Abnahme durch Schweigen: Wenn ein Kaufmann eine Warenlieferung erhält und diese stillschweigend annimmt, gilt dies oft als Zustimmung zu den Vertragsbedingungen, ein weiterer wichtiger Handelsbrauch im Bereich des Kaufrechts.
Handelsbräuche sind ein fester Bestandteil des Handelsrechts und dienen dazu, den Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten effizient zu gestalten. Sie ergänzen gesetzliche Regelungen und Verträge und schaffen durch ihre allgemein akzeptierte Anwendung Rechtssicherheit. Es ist wichtig, dass Kaufleute diese Bräuche kennen und verstehen, um ihre Verträge und Willenserklärungen richtig auszulegen und rechtssicher zu agieren.
Um Handelsbräuche nach § 346 HGB anwenden zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit sie rechtlich wirksam werden. Im Folgenden werde ich auf die Voraussetzungen eingehen, die zur Entstehung und Anerkennung von Handelsbräuchen erforderlich sind, und diese anschließend anhand von konkreten Beispielen erläutern.
e) Voraussetzungen für die Entstehung von Handelsbräuchen
Damit ein Handelsbrauch entsteht und im geschäftlichen Verkehr verbindlich wird, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:
- Langjährige Übung und Regelmäßigkeit: Ein Handelsbrauch entwickelt sich über die Zeit durch eine regelmäßige und gleichartige Anwendung in der Praxis. Das bedeutet, dass sich die Praxis über viele Jahre hinweg als Standard etabliert und von Kaufleuten allgemein beachtet wird.
- Allgemeine Anerkennung: Der Handelsbrauch muss von einer Mehrheit der Kaufleute in einem bestimmten Bereich, einer bestimmten Branche oder Region anerkannt und angewendet werden. Es reicht also nicht aus, dass nur wenige Unternehmen nach diesem Brauch handeln; es muss eine breite Akzeptanz bestehen.
- Gleichartigkeit der Anwendung: Die Anwendung des Handelsbrauchs muss konsistent und gleichartig sein. Das bedeutet, dass die Praxis stets in derselben Weise angewendet wird, ohne wesentliche Abweichungen oder Änderungen. Diese Gleichmäßigkeit ist notwendig, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.
- Fehlen entgegenstehender Vereinbarungen: Handelsbräuche gelten nur dann, wenn die Parteien keine anderslautenden oder abweichenden vertraglichen Vereinbarungen getroffen haben. Das heißt, die Handelsbräuche ergänzen die Verträge nur dort, wo keine spezifischen Regelungen vorliegen.
§ 347 HGB: Sorgfaltspflichten des Kaufmanns
- Sinn und Zweck: § 347 HGB bestimmt, dass ein Kaufmann die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden hat. Diese Vorschrift konkretisiert das Maß der Sorgfalt, das im Handelsverkehr erwartet wird.
- Voraussetzungen: Die Vorschrift gilt, wenn der Kaufmann im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit handelt. Sie ist für Kaufleute verbindlich und ersetzt die allgemeine Sorgfaltspflicht nach § 276 BGB, indem sie ein höheres Maß an Sorgfalt verlangt.
- Regelungsgehalt: Ein Kaufmann muss bei der Führung seines Geschäfts besonders sorgfältig und professionell vorgehen. Die Sorgfaltspflichten umfassen beispielsweise die Prüfung von Waren, die Erfüllung von Verträgen und die ordnungsgemäße Führung von Büchern.
Beispiel: Ein Großhändler, der Elektronikartikel verkauft, muss vor dem Weiterverkauf sicherstellen, dass die Produkte einwandfrei funktionieren und die entsprechenden Sicherheitsstandards einhalten. Andernfalls würde er gegen die Sorgfaltspflicht des § 347 HGB verstoßen.
§ 348 HGB: Vertragsstrafe
Nach § 343 BGB kann eine Vertragsstrafe, die unangemessen hoch ist, auf Antrag durch Urteil auf einen angemessenen Betrag herabsgesetzt werden. Da Kaufleuten aufgrund ihrer Professionalität die Auswirkungen einer Vertragsstrafe bewusst ist, wurde durch diese Vorschrift die Herabsetzung einer Vertragsstrafe für Kaufleute ausgeschlossen.
§§ 349, 350 HGB: Bürgschaft
Anders als bei Privatleuten, bedarf die Bürgschaft nicht der Schriftform. Vielmehr kann sich der Kaufmann auch formfrei (z.B. mündlich) verbürgen. Darüber hinaus steht ihm nicht die Einrede der Vorausklage zu, so dass er stets selbstschuldnerisch haftet: der Gläubiger muss nicht erst die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben.
§§ 352, 353 HGB: Besonderheiten bei Zinsen
Die allgemeinen Zinsen werden durch die Vorschrift des § 352 Absatz 1 HGB für Handelsgeschäfte erhöht. Darüber hinaus können Kaufleute schon vor Verzug (§ 288 BGB) oder Rechtshängigkeit (§ 291 BGB) Zinsen verlangen, nämlich gem. § 353 HGB bereits ab Fälligkeit.
§ 354 HGB: Entgeltlichkeit der Leistungen von Kaufleuten
Das BGB enthält nur sehr vereinzelt Vorschriften, die eine Vergütung als stillschweigend vereinbart ansehen. Diese Vorschrift ordnet generell die Entgeltlichkeit der Leistungen von Kaufleuten bei der Ausübung ihres Handelsgewerbes an. Diese Vorschrift ist eine Auslegungsregel, welche dem Grundgedanken des HGB verfolgt: Ein Kaufmann tut nichts kostenlos.
§ 354a HGB: Wirksamkeit der Abtretung einer Geldforderung
Nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln könnte eine Forderung dann nicht abgetreten werden, wenn dies durch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner ausgeschlossen wäre. Damit wird der Forderung die Verkehrsfähigkeit genommen und Kaufleute können eigene Forderungen nicht zu Finanzierungszwecken nutzen. Um eine solche Refinanzierungsmöglichkeit zu erhalten, wurde die obige Regelung eingeführt. Danach kann eine Geldforderung auch dann abgetreten werden, wenn ein Abtretungsausschluss nach § 399 BGB vereinbart wurde, wenn das Rechtsgeschäft, das die Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft ist.
§§ 355 – 357 HGB: Kontokorrent
Das Kontokorrent ist eine laufende Rechnung, die in der Praxis hohe Relevanz hat. Durch das Kontokorrent wird vermieden, dass zwei sich in ständiger Geschäftsbeziehung befindende Personen permanent Gelder hin- und her überweisen müssen. Die Forderungen werden verrechnet und zum Ablauf einer bestimmten Zeitspanne saldiert. Zweck des Kontokorrenst ist die Vereinfachung des Zahlungsverkehrs. Darüber hinaus hat es auch eine Schutzfunktion, denn durch die gegenseitige Verrechnung ist jede Partei davor geschützt, dass die andere Seite in Zahlungsschwierigkeiten ist, denn der eigene Saldo wird durch die Verrechnung ebenfalls berücksichtigt.
Voraussetzung ist jedoch, dass beide Parteien Kaufleute sind und für die Geschäftsverbindung eine VERRECHNUNGSABREDE getroffen wurde. Ist dies der Fall, verlieren die einzelnen Posten ihre Selbständigkeit. Sie werden zu reinen Rechnungsposten und können weder abgetreten noch verpfändet werden. Die Vorschrift des § 357 HGB ermöglicht allerdings die Pfändung des sog. Zustellungssaldos, d.h. dem Betrag, der sich bei der Verrechnung ergibt. Wenn es keinen positiven Saldo gibt, geht die Forderung ins Leere.
§§ 358, 359 HGB: Leistungszeit
Wenn eine Leistungszeit nicht ausdrücklich bestimmt wurde, ist der Parteiwille durch Auslegung zu ermitteln. Durch die obigen Vorschriften werden die allgemeinen Regelungen zur Leistungszeit in § 271 BGB dahingehend ergänzt, dass die Leistung nur während der gewöhnlichen Geschäftszeit besorgt werden soll. Mit anderen Worten: Die Leistung darf nicht zur Unzeit bewirkt werden. Leistungen außerhalb der Geschäftszeit können zurückgewiesen werden, wobei die Geschäftszeiten – abhängig vom Betrieb auch in der Nacht oder an Sonn- und Feiertagen sein können.
§ 359 HBG stellt darüber hinaus klar, dass unter einer Leistungszeit von „Acht Tagen“ auch echte 8 Tage gemeint sind und nicht eine Woche, wie dies umgangssprachlich oft gemeint ist.
Die Redewendung „acht Tage“ bedeutet umgangssprachlich – außerhalb des Rechtsverkehrs zwischen Kaufleuten – „eine Woche“ und hat ihren Ursprung im alten Zählweisen und Kalendergebrauch. Sie stammt aus einer Zeit, in der man zur Bezeichnung von Zeiträumen die Zählweise „inklusive“ verwendete.
Dabei wird der erste Tag des Zeitraums mitgezählt, was bedeutet, dass eine Woche von „heute“ bis „heute in einer Woche“ acht Tage ergibt:
- Tag: heute
- Tag: morgen
- Tag: übermorgen
… - Tag: heute in einer Woche
Man rechnete also den Ausgangstag und den letzten Tag mit, was zu dieser scheinbar „vergrößerten“ Zeitangabe führte. Im modernen Sprachgebrauch wird der Ausdruck heute nicht mehr so häufig verwendet, hat sich aber in einigen Redewendungen und alten Texten gehalten.
§ 360 HGB: Gattungsschulden
Nach § 243 Absatz 1 BGB muss der Schuldner einer Gattungsschuld eine Sache mittlerer Art und Güte leisten.
Eine Gattungsschuld ist ein rechtlicher Begriff aus dem Schuldrecht, der eine Verpflichtung beschreibt, bei der der Schuldner einen Gegenstand schuldet, der nur nach allgemeinen Merkmalen (also der Gattung) bestimmt ist, nicht jedoch nach individuellen Eigenschaften. Der Schuldner muss also keinen bestimmten, einzigartigen Gegenstand liefern, sondern nur einen Gegenstand, der den vertraglich festgelegten Eigenschaften entspricht.
Merkmale der Gattungsschuld
- Die geschuldete Sache ist nur nach bestimmten Merkmalen wie Art, Qualität, Menge oder Beschaffenheit bestimmt, aber nicht individualisiert.
- Der Schuldner kann aus der gesamten Gattung (also einer Menge an gleichartigen Gegenständen) ein Exemplar auswählen und dieses dem Gläubiger liefern.
- Der Schuldner muss einen Gegenstand mittlerer Art und Güte liefern (§ 243 Abs. 1 BGB in Deutschland).
Beispiel: Wenn ein Unternehmen 1000 Blatt Druckerpapier bestellt, muss der Lieferant nicht exakt einen bestimmten Stapel liefern, sondern nur die vereinbarte Menge von Papier in der vereinbarten Qualität.
Abgrenzung zur Stückschuld
Im Gegensatz zur Gattungsschuld steht die Stückschuld, bei der ein individuell bestimmter Gegenstand geschuldet wird. Bei einem Gemälde, einem einzigartigen Kunstwerk oder einem bestimmten Gebrauchtwagen handelt es sich um eine Stückschuld, weil der Gegenstand nicht durch andere ersetzt werden kann.
Konkretisierung der Gattungsschuld
Die Gattungsschuld wird zur Konkretisierungsschuld, wenn der Schuldner aus der Gattung einen bestimmten Gegenstand ausgewählt und alles in seiner Macht Stehende getan hat, um diesen Gegenstand dem Gläubiger zur Verfügung zu stellen (z.B. die Ware für den Versand verpackt und zur Abholung bereitgestellt). Ab diesem Zeitpunkt haftet der Schuldner nur noch für diesen konkret ausgewählten Gegenstand.
Bei einem Geschäft, das zumindest für den Schuldner ein Handelsgeschäft ist, wird gem. § 360 HGB ein Handelsgut mittlerer Art und Güte geschuldet. Dies kann nach den jeweiligen Einzelfallumständen ein Mehr oder auch ein Weniger an Qualität bedeuten.
§ 361 HGB: Maß, Gewicht etc.
Diese Vorschrift gibt eine Regel zur Auslegung von in Verträgen gebrauchten Worten, die an verschiedenen Orte eine abweichende Bedeutung haben. Erfüllungsort im Sinne dieser Vorschrift ist der Lieferungsort. Diese Vorschrift hat insbesondere im internationalen Handelsverkehr eine Bedeutung.
§ 362 HGB: Schweigen des Kaufmanns
Grundsätzlich kommen Verträge lediglich durch ausdrückliche oder zumindest konkludente Willenserklärungen zustande: Angebot und Annahme (§§ 145, 146 BGB). Eine Ausnahme hier bildet § 362 HGB. Dieser fingiert unter bestimmten Voraussetzungen die Annahme eines Angebots auf Vertragsschluss, wenn er nicht unverzüglich (!) antwortet. Andernfalls kann sein Schweigen als Annahme gelten. Dadurch soll dem Bedürfnis nach rascher Klärung der Sach- und Rechtslage Rechnung getragen werde, denn durch das Erfordernis der nicht schuldhaft verzögerten Ablehnung durch den Kaufmann wird sichergestellt, das der Antragende innerhalb kurzer Zeit Sicherheit darüber hat, ob der von ihm angestrebte Vertrag zustande kommt.
Diese Vorschrift gilt für Kaufleute, zu deren Geschäftsbetrieb die Geschäftsbesorgung für andere gehört. Das ist dann der Fall, wenn der Kaufmann Geschäfte für einen anderen besorgt indem er eine an sich dem anderen obliegende Tätigkeit ausführt und ihm diese damit abnimmt.
Nur ein SCHWEIGEN schadet, nicht aber andere Antwort aus der bspw. nicht klar ersichtlich ist, ob das Angebot angenommen oder abgelehnt wird.
Exkurs: Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
Darüber hinaus gilt im Handelsrecht der gewohnheitsrechtliche Grundatz: „Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gilt als Zustimmung“, wenn auf beiden Seiten ein Kaufmann beteiligt ist. Dies setzt jedoch voraus, dass Verhandlungen mit Klarstellungsbedarf stattgefunden haben.
Das Bestätigungsschreiben soll das Ergebnis der Verhandlungen protokollieren und damit der Rechtssicherheit und der Beweiserleichterung dienen.
Will der Empfänger den Inhalt nicht gelten lassen, muss er unverzüglich widersprechen; andernfalls gilt sein Schweigen als Einverständnis und der Vertrag kommt zu den Bedingungen des Bestätigungsschreibens zustande.
Die Rechtsprechung hat den Anwendungsbereich auch auf Personen ausgeweitet, die in größerem Umfang am Wirtschaftsleben teilnehmen. Die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben sind dhaer nicht auf das Handelsrecht beschränkt.
§ 366 HGB: Gutgläubiger Erwerb
Diese Regelung ist in der Praxis besonders relevant, da sie sich mit dem gutgläubigen Erwerb im Handelsverkehr auseinandersetzt. Im Handelsalltag geht es oft um Vertrauen, Schnelligkeit und Rechtssicherheit. Genau das soll § 366 HGB sicherstellen, indem er den gutgläubigen Erwerb im Geschäftsverkehr erleichtert.
a) Was regelt § 366 HGB?
§ 366 HGB besagt im Wesentlichen, dass jemand, der im Rahmen des Handelsverkehrs von einem Kaufmann eine bewegliche Sache kauft, auch dann das Eigentum an dieser Sache erwerben kann, wenn der Verkäufer gar nicht berechtigt ist, sie zu veräußern. Voraussetzung ist, dass der Erwerber „gutgläubig“ handelt, das heißt, er keine Kenntnis davon hat, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer ist oder keine Verfügungsbefugnis hat.
Der Regelungsinhalt und das Ziel des § 366 HGB
Das Handelsgesetzbuch geht davon aus, dass im Handelsverkehr ein besonderes Bedürfnis nach Schnelligkeit und Rechtssicherheit besteht. Kaufleute sollen sich darauf verlassen können, dass Geschäfte, die im Rahmen des Handelsgewerbes abgeschlossen werden, wirksam sind und rechtliche Stabilität bieten. Der gutgläubige Erwerb bedeutet, dass ein Käufer auch dann Eigentum an einer Sache erlangen kann, wenn der Verkäufer kein Eigentümer ist, vorausgesetzt, der Käufer wusste nichts von der fehlenden Berechtigung. Das Ziel dieser Regelung ist es, das Vertrauen in den Handelsverkehr zu stärken und den Erwerber, der in gutem Glauben handelt, zu schützen.
Im Handelsverkehr, wo schnelle Entscheidungen und Transaktionen üblich sind, wäre es unzumutbar, wenn jeder Käufer immer die Eigentumsverhältnisse gründlich überprüfen müsste. § 366 HGB erleichtert den Geschäftsablauf, indem er den Käufer schützt und ihm ein Recht auf das Eigentum gewährt, sofern er gutgläubig gehandelt hat.
b) Voraussetzungen für die Anwendung von § 366 HGB
Damit die Vorschrift des § 366 HGB zur Anwendung kommt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Handelsgeschäft: Es muss sich um eine Veräußerung handeln, die im Rahmen eines Handelsgeschäfts stattfindet. Das bedeutet, sowohl der Verkäufer als auch der Käufer müssen Kaufleute sein, und die Transaktion muss im Zusammenhang mit ihrem Handelsgewerbe stehen.
- Bewegliche Sache: Die Vorschrift gilt nur für bewegliche Sachen oder Wertpapiere. Unbewegliche Sachen, wie Grundstücke, sind von dieser Regelung ausgenommen.
- Gutgläubigkeit des Erwerbers: Der Käufer muss „gutgläubig“ sein, das heißt, er darf keine Kenntnis davon haben, dass der Verkäufer nicht berechtigt ist, die Sache zu verkaufen. Er darf auch keine Umstände kennen, die darauf hinweisen, dass der Verkäufer nicht der Eigentümer ist. Die Gutgläubigkeit entfällt, wenn der Erwerber Anhaltspunkte hat, die seine Zweifel wecken müssten.
- Veräußerung im Handelsverkehr: Der Verkäufer muss die Sache im Rahmen seines Handelsgewerbes veräußern. Ein privater Verkauf eines Kaufmanns fällt nicht unter diese Regelung.
§ 366 HGB ist ein zentrales Instrument im Handelsrecht, um Rechtssicherheit und Vertrauensschutz im Geschäftsverkehr zu gewährleisten. Für Kaufleute ist es wichtig, sich auf die Gutgläubigkeit ihrer Geschäftspartner verlassen zu können, ohne jedes Mal die Eigentumsverhältnisse eingehend überprüfen zu müssen. Die Regelung erleichtert die Abläufe im Handelsverkehr und schützt vor den Risiken, die mit dem Erwerb von Waren im Geschäftsalltag verbunden sind.
§ 369 HGB: Zurückbehaltungsrecht
Diese Norm ist für Kaufleute von zentraler Bedeutung, da sie ein Instrument zur Sicherung offener Forderungen bereitstellt.
Die Vorschrift besagt, dass ein Kaufmann, der im Rahmen eines Handelsgeschäfts im Besitz von beweglichen Sachen oder Wertpapieren seines Geschäftspartners ist, das Recht hat, diese als Sicherheitsleistung zurückzubehalten, wenn ihm aus diesem Geschäft fällige Forderungen zustehen. Dieses Pfandrecht soll dem Kaufmann eine Möglichkeit bieten, sich im Fall der Nichtzahlung zu schützen und seine Ansprüche zu sichern.
a) Der Regelungsinhalt und das Ziel von § 369 HGB
Das Unternehmerpfandrecht gemäß § 369 HGB dient dazu, Kaufleuten eine Absicherung ihrer Forderungen zu ermöglichen, wenn sie im Besitz von Gütern des Schuldners sind. Das Ziel ist es, Kaufleuten eine rechtliche Grundlage zu geben, um Forderungen durch den Rückgriff auf die in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände abzusichern. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes gesetzliches Pfandrecht, das automatisch entsteht, ohne dass eine explizite vertragliche Vereinbarung getroffen werden muss.
Im Wesentlichen stärkt § 369 HGB die Position des Kaufmanns im Handelsverkehr, da er nicht nur auf die Zahlungsbereitschaft seines Geschäftspartners angewiesen ist, sondern auch ein Sicherungsmittel in der Hand hat, um seine Ansprüche durchzusetzen.
b) Voraussetzungen für die Anwendung des Unternehmerpfandrechts nach § 369 HGB
Damit das Unternehmerpfandrecht gemäß § 369 HGB wirksam greift, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Handelsgeschäft: Es muss sich um ein Handelsgeschäft handeln, das zwischen zwei Kaufleuten stattfindet, oder es muss zumindest ein Kaufmann beteiligt sein.
- Besitz einer beweglichen Sache oder eines Wertpapiers: Der Kaufmann muss aufgrund des Handelsgeschäfts im Besitz einer beweglichen Sache oder eines Wertpapiers des Schuldners sein. Dies kann z.B. durch Lieferung, Übergabe oder anderweitige Einbringung der Sache in den Besitz des Kaufmanns geschehen.
- Fällige Forderung: Die Forderung des Kaufmanns, die durch das Pfandrecht gesichert werden soll, muss fällig sein. Das bedeutet, dass der Zeitpunkt zur Erfüllung der Zahlung bereits eingetreten sein muss und der Schuldner sich im Verzug befindet.
- Konnexität zwischen Forderung und Sache: Die Forderung muss aus demselben Handelsgeschäft stammen, in dessen Zusammenhang der Kaufmann den Besitz an der Sache erlangt hat. Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen der Forderung und der Sache, die als Pfand verwendet wird.
c) Beispiele aus der Praxis
Um die Anwendung des Unternehmerpfandrechts in der Praxis zu verdeutlichen, möchte ich Ihnen zwei typische Fälle vorstellen:
- Pfandrecht bei Lagerung von Waren: Ein Spediteur erhält Waren von einem Händler zur Lagerung. Der Händler bleibt jedoch die Zahlung der Lagerkosten schuldig, obwohl diese fällig sind. Der Spediteur hat nun gemäß § 369 HGB ein Pfandrecht an den gelagerten Waren und kann diese zurückhalten, bis die ausstehende Zahlung beglichen ist. Sollte der Händler weiterhin nicht zahlen, könnte der Spediteur das Pfandrecht sogar durch Verwertung der Waren geltend machen.
- Werkunternehmerpfandrecht: Ein Kfz-Werkstattbetreiber repariert das Fahrzeug eines Unternehmers. Der Unternehmer holt das Fahrzeug nach der Reparatur ab, ohne die Rechnung zu begleichen. In diesem Fall hat der Werkstattbetreiber ein Pfandrecht an dem Fahrzeug, da er aufgrund des Handelsgeschäfts im Besitz der beweglichen Sache (des Autos) ist und eine fällige Forderung besteht. Er kann das Auto zurückbehalten, bis die Werkstattkosten bezahlt sind.