Bereits letzte Woche habe ich eine Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts näher beleuchtet (siehe Artikel vom 21.3.2014). Danach ist auch GmbH-Geschäftsführern in bestimmten Konstellationen der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Dieses Urteil wurde nun durch einen Bundesarbeitsgerichtsbeschluss erneut bekräftigt und hierbei eine noch offene Fragestellung einer Antwort zugeführt (BAG, Beschl. v. 15.11.2013 – 10 AZB 28/13):
In dem zu beurteilenden Fall wurde der Geschäftsführer zunächst ordentlich und fristgerecht gekündigt, worauf dieser unmittelbar danach mittels Kündigungsschutzklage reagierte. Kurze Zeit später wurde der Geschäftsführer abberufen und dies ordnungsgemäß in das Handelsregister eingetragen. Von diesem Zeitpunkt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wurde der ehemalige Geschäftsführer bezahlt freigestellt. Noch vor Ablauf der Kündigungsfrist wurde allerdings noch eine außerordentliche, fristlose Kündigung nachgeschoben, gegen welche sich der ehemalige Geschäftsführer mit einer Klageerweiterung der beim Arbeitsgericht rechtshängigen Klage zu Wehr setzte.
Auch in einem solchen Fall bekräftigte das BAG die im letzten Artikel dargestellte Rechtsansicht. Solange der Geschäftsführer noch nicht als Organ abberufen und die Abberufung in dem Handelsregister eingetragen wurde, ist dem Geschäftsführer der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten durch die Fiktion in § 5 I 3 ArbGG –nach welcher Mitglieder der Vertretungsorgans nicht zu den Arbeitnehmerkreis gehören – versperrt. In dem Zeitraum zwischen Bestellung und Abberufung sind demnach unabhängig von der Rechtsnatur des zugrundeliegenden Anstellungsverhältnisses die ordentlichen Gerichte zuständig. Dies gilt selbst dann, wenn die Rechtsstreitigkeit materiell rechtlich nach Arbeitsrecht zu beurteilen ist.
Ein Novum stellt allerdings die Behandlung der Rechtswegzuständigkeit hinsichtlich der nachgeschobenen fristlosen Kündigung dar. Obwohl der ehemalige Geschäftsführer direkt im Anschluss an die ordentliche Kündigung bezahlt freigestellt wurde und somit keine Umstände zu erkennen sind, dass entweder ein Arbeitsverhältnis entstanden oder wieder aufgelebt ist, hat das Gericht hinsichtlich der nachfolgenden fristlosen Kündigung den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bejaht. Dies führt letztendlich zu einer Aufsplittung des Rechtsweges. Für die zunächst erhobene Kündigungsschutzklage gegen die ordentliche Kündigung sind mangels Abberufung als Geschäftsführer die ordentlichen Gerichte zuständig, während für die Klage gegen die außerordentliche Kündigung nach der Abberufung die Arbeitsgerichte zuständig sind.
Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund einer stringenten Umsetzung der Fiktion in § 5 I 3 ArbGG durchaus konsequent, dennoch erwachsen aus zwei zu führenden Prozessen mit demnach verdoppelten Prozessrisiko für die Praxis einige Schwierigkeiten. Die im letzten Artikel bereits angesprochene Gefahr, dass ein Anreiz besteht die Abberufung so lange wie möglich hinauszuzögern, wird hierdurch nur weiter verschärft.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.