In einer kürzlich gefällten Entscheidung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Formulierung „Geschäftsführer gesucht“ in einer Stellenanzeige als geschlechtsbezogene Benachteiligung gewertet und folgende Leitsätze erlassen:
1. Der Begriff „Geschäftsführer“ ist ohne weitere Zusätze keine geschlechtsneutrale, sondern eine männliche Berufsbezeichnung. Eine Stellenausschreibung unter der Überschrift „Geschäftsführer“ verletzt jedenfalls dann das Gebot zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung nach § 7 I, § 11 AGG, wenn nicht im weiteren Text der Anzeige auch weibliche Bewerber angesprochen werden.
2. Die nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung stellt ein Indiz dar, das eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lässt und zur Beweislastumkehr nach § 22 AGG führt. Der Arbeitgeber muss dann nachweisen, dass in dem „Motivbündel“, das die Auswahlentscheidung beeinflusst hat, das Geschlecht überhaupt keine Rolle gespielt hat. Dieser Nachweis ist nicht schon dadurch geführt, dass eine andere Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.9.2011 – 17 U 99/10
Grundsätzlich hat eine Stellenausschreibung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stets geschlechtsneutral zu erfolgen. Es darf somit nicht explizit nach männlichen oder weiblichen Arbeitnehmern gesucht werden, wobei es ausreicht, wenn man einen geschlechtsneutralen Oberbegriff wählt. Fraglich ist somit, ob die Formulierung „Geschäftsführer“ diesen Anforderungen gerecht wird. Dies wird von dem Senat verneint, da einerseits das Gesetz im § 6 III AGG eindeutig zwischen den Begriffen „Geschäftsführer“ und „Geschäftsführin“ differenziert und andererseits von einem etwaig vorhandenen Oberbegriff im allgemeinen Sprachgebrauch nicht auf die Geschlechtsneutralität im Rahmen einer Stellenanzeige geschlossen werden darf. Teils wird hier allerdings eingeräumt, dass durch den Gesamtkontext der Stellenanzeige der strittige Begriff relativiert werden kann.
Durch die Verwendung eines nicht geschlechtsneutralen Begriffs tritt die Vermutungsregel des § 22 AGG in Kraft, welche dem Arbeitgeber den Nachweis auferlegt, dass keine geschlechtsbedingte Benachteiligung vorliegt. Für eine Benachteiligung ist es allerdings nicht von Nöten, dass das Geschlecht allein zur Ablehnung geführt hat. Ausreichend ist, dass das Geschlecht als negatives Kriterium Teil eines Motivbündels ist. Nur der Nachweis, dass das Geschlecht überhaupt keine Rolle spielt entlastet den Arbeitgeber, nicht jedoch der Nachweis, dass ein anderer Bewerber besser für die Stelle geeignet ist. Interessant ist auch, dass die Beklagten im vorliegenden Urteil nachweisen konnten, dass eine andere weibliche Bewerberin zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Dies lässt das OLG nicht zur Widerlegung der Vermutung genügen, da die Klägerin explizit nicht zum Vorstellungsgespräch geladen wurde und für diese Entscheidung durchaus geschlechterspezifische Gründe eine Rolle gespielt haben können.
Relevant ist diese Entscheidung nicht nur für Arbeitgeber die auf eigene Faust einen Geschäftsführer beziehungsweise eine Geschäftsführerin suchen, sondern auch für Arbeitgeber die sich für diese Suche auf profesionelle Hilfe verlassen. Wird die Anzeige von einem Dritten formuliert, erfolgt dennoch in der Regel ein Rückgriff auf den jeweiligen Nutznieser der Anzeige, da dem Arbeitgeber in diesem Fall eine Überwachungspflicht bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Ausschreibung trifft.
Fazit:
Es sollte bei der Schaltung einer Anzeige sehr genau auf eine geschlechterneutrale Formulierung geachtet werden, da sich der Nachweis, dass keine geschlechterbedingte Benachteiligung vorliegt, als äusserst schwierig erweisen dürfte und das Gericht durch die gesetzliche Anweisung des § 15 II AGG eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen einen sehr weiten Ermessensspielraum erhalten hat aus welchen durchaus empfindliche Entschädigungssummen resultieren können.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.