Einstweiliger Rechtsschutz bei der Einziehung von Geschäftsanteilen

Allgemeine Rechtslage zur Einziehung von Geschäftsanteilen

Die Einziehung von Geschäftsanteilen wird in der Regel durch gesellschaftsvertragliche Regelungen ermöglicht – häufig etwa zur Abwehr von Pflichtverletzungen eines Gesellschafters. Nach § 34 GmbHG kann ein solcher Einziehungsverfahren grundsätzlich mittels eines mehrheitlichen Beschlusses der Gesellschafterversammlung erfolgen. Wird im Rahmen eines Einziehungsverfahrens auch die Streichung aus der Gesellschafterliste vorgenommen (vgl. § 16 GmbHG), ergeben sich weitreichende Konsequenzen für den betroffenen Gesellschafter, da er seine Stellung als Gesellschafter verliert.

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Um den Gesellschafter vor einer endgültigen Rechtswirkung zu schützen, kommt unter Umständen der einstweilige Rechtsschutz in Betracht. Allerdings setzt die Gewährung einer einstweiligen Verfügung voraus, dass durch das Abwarten eines Beschlusses eine drohende Rechtsverletzung unmittelbar bevorsteht – etwa wenn nach Vollzug der Einziehung keine effektiven Rechtsbehelfe mehr zur Verfügung stünden. Dieses Konstrukt orientiert sich u. a. an dem Grundsatz, dass ein gesichertes Nachprüfungsverfahren in der Gesellschafterversammlung und anschließenden gerichtlichen Prüfung grundsätzlich als ausreichender Schutz gilt.

Die Entscheidung des OLG München vom 16.01.2025

In der Entscheidung des OLG München vom 16.01.2025 (Aktenzeichen 7 W 55/25) ging es um einen Fall, in dem ein Gesellschafter einer GmbH – als größter Anteilseigner unter zwei Stammkapitalgebern – bereits im Vorfeld einer anberaumten Gesellschafterversammlung einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellte. Dort sollte der Beschluss zur Einziehung seiner Geschäftsanteile sowie zur Aktualisierung der Gesellschafterliste im Handelsregister herbeigeführt werden.

Das OLG München wies den Antrag auf einstweilige Verfügung ab. Das Gericht begründete, dass der Gesellschafter nicht darlegen konnte, dass allein die Ankündigung eines zukünftigen Einziehungsbeschlusses bereits eine unmittelbare, nicht abwendbare Rechtsbeeinträchtigung bewirken würde. Vielmehr bestehe die Möglichkeit, zunächst die Gesellschafterversammlung abzuwarten und im Anschluss – gegebenenfalls – den beschlossenen Einziehungsakt gerichtlich überprüfen zu lassen. Dieses Vorgehen entspricht dem Grundsatz, wonach eine einstweilige Verfügung erst dann gewährt wird, wenn eine effektive Nachwirkung eines Beschlusses nicht mehr durch Rechtsmittel abwendbar wäre. Hierbei sticht insbesondere hervor, dass das bloße Befürchten eines späteren Beschlusses zur Einziehung nicht ausreiche, um den Vorgriff eines einstweiligen Rechtsschutzes zu rechtfertigen. (Vergleichbar in der Rechtsprechung: BGH, 24.03.2016, IX ZB 31/15 – Grundsätze zur Unzulässigkeit des vorweggenommenen RechtsschuPraxistipps

Für Geschäftsführer einer GmbH ergeben sich aus dieser Entscheidung praxisrelevante Hinweise:

• Überprüfen Sie die gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Einziehung von Geschäftsanteilen. Eine klare und transparente Regelung kann spätere Unklarheiten und Streitigkeiten vermeiden.

• Setzen Sie frühzeitig auf interne Kommunikation. Wenn einzelne Gesellschafter bereits Befürchtungen hinsichtlich einer Einziehung äußern, sollten Sie das Themenfeld bereits intern und – wenn notwendig – mit juristischer Unterstützung diskutieren, um Rechtsrisiken zu minimieren.

• Bewahren Sie Ruhe, solange keine endgültigen Beschlüsse gefasst wurden. Das OLG München hat deutlich gemacht, dass das Abwarten der Gesellschafterversammlung und die anschließende gerichtliche Überprüfung eines Einziehungsbeschlusses einen wirksamen Rechtsschutz bieten. Bei der Gesellschafterversammlung ist eine kompetente juristische Beratung notwendig um Nachteile zu vermeiden.

• Dokumentieren Sie alle geplanten Abstimmungsprozesse und Beschlussfassungen sorgfältig. So sind spätere gerichtliche Auseinandersetzungen leichter zu führen und die Rechtmäßigkeit Ihres Vorgehens kann besser belegt werden.

Diese Entscheidung unterstreicht, dass der Vorgriff auf einen einstweiligen Rechtsschutz nur dann zulässig ist, wenn eine unmittelbar drohende und unabwendbare Rechtsverletzung vorliegt. Geschäftsführer sollten daher die Vorgangsweise ihrer Gesellschafterversammlung und die Rahmenbedingungen des Einziehungsrechts genau kennen, um im Ernstfall angemessen reagieren zu können.

Jan Köster

Rechtsanwalt Jan Köster ist seit 2009 Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht seit 2007 Fachanwalt für Steuerrecht.
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.