Wird bei einer Aktiengesellschaft die Bestellung zum Vorstand aus wichtigem Grund widerrufen, gilt dieser Widerruf solange als wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt wird. Dies stellt sich bei einer zweigliedrigen GmbH anders da. Wird hier die Bestellung eines der Gesellschaftergeschäftsführer aus wichtigen Grunde widerrufen, ergibt sich ein untragbarer Schwebezustand der solange andauert, bis das Vorliegen eines wichtigen Grundes positiv festgestellt wurde. Da sich der Schwebezustand über mehrere Jahre hinziehen kann, hat sich das OLG kürzlich erneut mit der Frage auseinandergesetzt, wie diesem Geschäftsführer in der Zwischenzeit die Möglichkeit genommen werden kann, für die GmbH weiterhin als Geschäftsführer zu agieren:
1. Besteht Streit über die Wirksamkeit der Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers, kann durch einstweilige Verfügung ein Tätigkeitsverbot und ein Verbot der Ausübung der Organtätigkeit ausgesprochen werden, wenn glaubhaft gemacht ist, dass wichtige Gründe für eine sofortige Abberufung des Geschäftsführers vorlagen und die Abberufung wirksam beschlossen ist.
2. Parteien eines solchen Verfügungsverfahrens sind grundsätzlich der Abberufene und die Gesellschaft, vertreten durch die gem. § 46 Nr. 8 GmbHG bestimmten Vertreter.
OLG München, Urt. v. 10.12.2012 – 23 U 4354/12
Bereits im Jahr 1982 hat der Bundesgerichtshof zu dieser Thematik entschieden, dass zwar der entstehende Schwebezustand hinzunehmen sei, dass aber die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung besteht, welche dem abberufenen Geschäftsführer die Vertretungsmacht und die Erlaubnis für Geschäftsführungsmaßnahmen entzieht. Hierfür muss allerdings glaubhaft gemacht werden, dass einerseits die Abberufung wirksam beschlossen wurde und andererseits, dass auch wichtige Gründe vorlagen, welche eine sofortige Abberufung nötig machten.
Das OLG München hatte nun die Frage zu entscheiden, wer Partei eines solchen Verfügungsverfahrens sein kann. Grundsätzllich treten hier der Abberufene und die Gesellschaft – welche gem. § 46 Nr.8 GmbHG von den Gesellschaftern vertreten werden muss – auf. Fraglich war allerdings, ob die Gesellschafter auch direkt aktivlegitimiert sind. Dies wurde vom Gericht verneint: Grundsätzlich können Ansprüche der Gesellschaft nicht im Wege der actio pro socio durch die Gesellschafter selbst geltend gemacht werden. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn durch die Handlungen des Geschäftsführers zugleich auch Rechtspflichten verletzt werden, die gegenüber den Gesellschaftern einzuhalten sind, oder wenn die Gesellschaft nach der Berufung handlungsunfähig ist. Eine derartige Handlungsunfähigeit ist allerdings dann zu verneinen, wenn eine Gesellschafterversammlung einberufen werden kann, um einen Vertreter nach § 46 Nr. 8 GmbHG zu bestimmen. Eine Handlungsunfähigkeit ist selbst dann zu verneinen, wenn die Einberufung der Gesellschafterversammlung nur mit mehreren Wochen Verzögerung zu realisieren ist.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.