Am 1.11.2008 wurde im Zuge des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) die Landschaft deutscher Kapitalgesellschaftsformen um die Form der Unternehmergesellschaft bereichert. Dass dieser Termin, und somit auch die ersten Gründungen, gut drei Jahre zurückliegen, hat das Institut für Rechtstatsachenforschung zum Deutschen und Europäischen Unternehmensrecht der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Anlass genommen, den Werdegang dieser ersten Unternehmergesellschaften unter die Lupe zu nehmen. Die Untersuchung wurde hierbei auf die 1.202 Unternehmergesellschaften beschränkt, welche zwischen dem 1.11.2008 und dem 31.12.2008 gegründet wurden. Darunter befinden sich auch einige als „Vorratsgesellschaft“ in das Register eingetragene Unternehmergesellschaften, von denen jedoch bereits zahlreiche aktiviert wurden.
Interessant ist zunächst ein Blick auf die Fehlschläge. Mit dem Untersuchungsstichtag am 10.9.2011 wurden bereits 90 Unternehmergesellschaften aus dem Register gelöscht (sieben allerdings aufgrund von Verschmelzungen oder Formwechsel). Zu beachten ist allerdings, dass einer Löschung eine meist schon früher eingestellte geschäftliche Tätigkeit vorausgeht. Weitere 109 Unternehmergesellschaften befanden sich zum Stichtag in Abwicklung. Diese Zahlen sind jedoch nicht sonderlich schockierend, sondern entsprechen vielmehr den Erwartungen. Die Abwicklung einer Gesellschaft ist kein der Unternehmergesellschaft immanentes Risiko, sondern trifft genauso auch andere Gesellschaftsformen. Zu den Abwicklungen, die einem rechtsformabhängigen Risiko, wie beispielsweise der Wahl einer falschen Rechtsform oder einer zu geringen Kapitalausstattung, geschuldet sind, gesellen sich auch Abwicklungen die mit den normalen Risiken einer wettbewerbsorientierten Wirtschaft einhergehen. Ein Geschäftsmodel, welches auf dem Markt keine entsprechende Resonanz findet, wird in letzter Konsequenz rechtsformunabhängig zu einem Scheitern führen.
Eine Tendenz ist hier allerdings klar hervorzuheben. Viele der knapp 200 gescheiterten Unternehmergesellschaften wiesen eine anfänglich knappe Stammkapitalausstattung aus. In Zahlen ausgedrückt, verfügten nur 31% über ein Stammkapital von 1.000€ oder mehr und 51% über weniger als 500€ Stammkapital. Im Vergleich hierzu verfügten 40% der noch bestehenden Unternehmergesellschaften über ein Stammkapital über 1.000€ und 45% über ein Stammkapital unter 500€.
Letztlich aussagekrätiger ist jedoch die Frage nach dem bilanziellen Eigenkapital. Hierfür wurden 160 Jahresabschlüsse stichprobenartig ausgewertet. 53 Unternehmergesellschaften wiesen im Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2009 eine buchmäßige Überschuldung auf, wobei sich der Medianwert des Fehlbetrages auf 3.248€ belief. Diese relativ geringen Fehlbeträge im ersten Geschäftsjahr können jedoch durch zukünftige Gewinne relativ einfach wieder erwirtschaftet werden. 32 Unternehmergesellschaften wiesen ein bilanzielles Eigenkapital im Bereich zwischen einem und 1000€ auf und weitere 43 ein bilanzielles Eigenkapital zwischen 1001€ und 10.000€. Angeführt wird das Feld von 11 Gesellschaften mit einem bilanziellen Eigenkapital zwischen 10.001€ und 25.000€, wie auch 18 Gesellschaften mit jeweils über 25.000€. Die absolute Spitze bildet eine Unternehmergesellschaft mit einem bilanziellen Eigenkapital von knapp 100.000€, deren Stammkapital lediglich 3.000€ beträgt.
Weiterhin interessant ist die Frage, wie viele der 1.202 Unternehmergesellschaften den vom Gesetzgeber eingeplanten Aufstieg zu einer „Voll-GmbH“ geschafft haben. Dies ist in genau 100 Fällen (8%) eingetreten. Diese Zahl ist allerdings mit Vorsicht zu geniesen, da dieser frühzeitige Upgrade eher für eine Kapitalerhöhung aufgrund Gläubigerdruck spricht, als aufgrund thesaurierter Gewinne. Hier ist jedoch mit einer deutlichen Steigerung der Upgrades zu rechnen, je länger die Gesellschaften Zeit hatten einen Teil ihrer Gewinne dem Stammkapital zuzuführen.
Zuletzt sollen natürlich die Jahresergebnisse nicht unerwähnt bleiben. Ebenso erstaunlich wie erfreulich ist es, dass immerhin 57% der Stichproben im Krisenjahr 2009 einen Jahresüberschuss erwirtschaftet haben.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.