Die Liquidation der GmbH

Die Liquidation einer Gesellschaft kann aus den verschiedensten Gründen notwendig werden oder sogar von den Beteiligten gewollt sein. In allen Fällen ist jedoch wichtig dabei zu wissen, dass Gesellschafter und Liquidatoren hierbei eine Vielzahl von Aufgaben und Pflichten zu erfüllen haben, welche es zwingend zu beachten gibt.

Als erstes gilt es zu verstehen, dass „die Liquidation“ nicht ein punktuelles Ereignis darstellt, sondern sich im Grunde in drei verschiedene Phasen aufteilt. Diese Phasen sind daher zum allgemeinen Verständnis den weiteren Ausführungen kurz vorangestellt.

 

Die drei Phasen der Liquidation

Phase 1: Einleitung der Liquidation

Die Liquidation wird durch die sog. Auflösung der Gesellschaft eingeleitet, welche in der Regel (Näheres unter Ziffer B.) durch Gesellschafterbeschluss erfolgt. Die Auflösung beendet jedoch den Bestand der Gesellschaft als solche noch nicht, sondern stellt zunächst erst nur die Entscheidung der Gesellschafter dar, die GmbH abzuwickeln (also zu liquidieren). Es kommt also zu einer Änderung des Gesellschaftszwecks dahingehend, dass nun die Abwicklung der Gesellschaft betrieben werden soll.

Phase 2: Durchführung der Liquidation (Liquidationsphase)

Erst mit wirksamer Beschlussfassung über die Auflösung der Gesellschaft beginnt die eigentliche Abwicklungsphase der Gesellschaft. In dieser Zeit sind vor allem die Liquidatoren der Gesellschaft zur Handlung verpflichtet. Sie haben die Auflösung der Gesellschaft in den Geschäftsblättern zu veröffentlichen, Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu erfüllen und laufende Forderungen einzutreiben, Mitarbeiter zu entlassen sowie Verträge zu kündigen (Näheres hierzu unter Ziffer B.).

Phase 3: Beendigung der Gesellschaft

Die Liquidationsphase der Gesellschaft ist erst abgeschlossen, wenn sämtliche Abwicklungsmaßnahmen aus Phase 2 abgeschlossen sind. Dann kann die Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister angemeldet werden. Erst mit tatsächlich vollzogener Löschung aus dem Handelsregister tritt die Beendigung der Gesellschaft ein. Erst ab diesem Zeitpunkt existiert die Gesellschaft rechtlich nicht mehr.

 

Leitfaden für die Liquidation

Innerhalb dieser drei groben Phasen vollziehen sich bei der Liquidation noch eine Reihe von Einzelschritten, welche im Folgenden genauer beleuchtet werden sollen:

  1. Auflösung der GmbH

Das Gesetz normiert bereits in § 60 Abs. 2 GmbHG eine Reihe von Gründen, welche zur Auflösung der GmbH führen. Der in der Praxis häufigste Fall ist dabei die Auflösung durch einen Beschluss der Gesellschafter gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG. Ein derartiger Auflösungsbeschluss bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist.

Weitere gesetzliche Gründe für die Auflösung sind etwa noch der Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG) oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG).

Daneben können jedoch in der Satzung der Gesellschaft gem. § 60 Abs. 2 GmbHG noch weitere individuelle Auflösungsgründe festgesetzt werden.

Zu beachten ist bei sämtlichen Auflösungsgründen, dass die Gesellschaft ab dem Zeitpunkt der Auflösung ihren Firmennamen dahingehend ändern muss, dass sie als „GmbH i.L.“, also „in Liquidation“ auftritt. Dieser Zusatz ist im Rechtsverkehr zwingend, da er unmissverständlich auf die Abwicklung der Gesellschaft hindeutet. Der Zusatz hat also ab dem Zeitpunkt der Auflösung auch auf dem Briefkopf der Gesellschaft wie auch auf deren Internetpräsenz zu erscheinen.

  1. Eintragung der Auflösung

Die Auflösung der Gesellschaft muss sodann in notariell beglaubigter Form zur Eintragung in das Handelsregister gem. § 65 GmbHG angemeldet werden. Für die Anmeldung zuständig ist entweder der Liquidator oder der Geschäftsführer der Gesellschaft. Dies hängt von dem Zeitpunkt der Auflösung ab:

  • Wurde die Gesellschaft bereits aufgelöst und wird die Auflösung erst danach beim Handelsregister angemeldet, so sind die Liquidatoren hierfür zuständig.
  • Findet die Anmeldung dagegen vor der eigentlichen Auflösung statt, weil ein Auflösungsbeschluss gefasst wurde, dessen Rechtswirkung gerade erst mit der Eintragung beginnt, so ist der Geschäftsführer für die Anmeldung zuständig.
  1. Bestellung und Eintragung der Liquidatoren

Die Übernahme des Amtes der Liquidatoren kann aufgrund verschiedener Umstände eintreten:

Sofern Liquidatoren im Vorfeld weder in der Satzung bestimmt noch durch Gesellschafterbeschluss ernannt wurden, so werden die amtierenden Geschäftsführer automatisch von Gesetzes wegen und ohne einen gesonderten Bestellungsakt gem. § 66 GmbHG als Liquidatoren berufen. Im Zweifel ist der bis dahin amtierende Geschäftsführer dann auch verpflichtet, die Tätigkeit in der Rolle des Liquidators wahrzunehmen.

Alternativ hierzu kann auch ein Liquidator durch das Gericht bestellt werden. Hierbei ist zu differenzieren zwischen der normalen Bestellung des Liquidators durch das Gericht nach § 66 Abs. 2 GmbHG und der Bestellung eines Notliquidators durch das Gericht nach den §§ 29, 48 BGB. Die gerichtliche Bestellung eines Liquidators ist jederzeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch das Gericht möglich, während die Notliquidation der vorläufigen Herstellung der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft dient. Sie bezweckt damit anders als die gerichtliche Bestellung eines Liquidators nur die vorläufige Behebung einer Führungslosigkeit (vgl. Scholz/Schmidt Rn. 33). § 66 Absatz 2 hat deshalb im Verhältnis zur Notliquidation Vorrang.

Die Liquidatoren sind sodann zusätzlich als solche zur Eintragung in das Handelsregister nach § 67 GmbHG anzumelden.

Grundsätzlich kommt im weiteren Verlauf eine Abberufung des Liquidators in Betracht. Der Liquidator kann entweder durch das Gericht oder durch Gesellschafterbeschluss abberufen werden oder er selbst legt sein Amt nieder. Sofern außerdem ein Umstand eintritt, der der Bestellung entgegenstünde (Bestellungshindernis), verliert der Liquidator sein Amt, ohne dass es auf die Kenntnis des Liquidators oder anderer Personen von diesem Umstand ankommt, automatisch (vgl. BayObLG BB 1987, 1625). Das Amt des geborenen Liquidators, d.h. der Liquidator der aufgrund seiner bisherigen Geschäftsführerstellung automatisch zum Liquidator wurde, endet zudem mit der Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister (vgl. BeckOK GmbHG/Lorscheider, 44. Ed. 1.5.2020, GmbHG § 66 Rn. 19).

  1. Pflichten der Liquidatoren

Die Liquidatoren sind sodann zur Geschäftsführung und Vertretung der GmbH i.L. verpflichtet. Sie haben laufende Geschäfte der Gesellschaft zu beenden, deren Verpflichtungen zu erfüllen und Forderungen geltend zu machen sowie das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen (vgl. hierzu § 70 GmbHG). Dies kann dazu führen, dass die Liquidatoren auch Unternehmensgegenstände veräußern und hierbei bestmögliche Veräußerungserlöse erzielen müssen.

Insbesondere haben die Liquidatoren auch in dieser Phase der Gesellschaft die Finanzen genau im Blick zu haben, da die Insolvenzantragspflicht auch während der Liquidation besteht, § 64 GmbHG.

  1. Liquidationseröffnungsbilanz

Gemäß § 71 Abs. 1 GmbHG haben die Liquidatoren zunächst zu Beginn der Liquidationsphase (Phase 2) eine Eröffnungsbilanz aufzustellen. Stichtag für diese Bilanz ist bereits der Tag der Beschlussfassung über die Auflösung der Gesellschaft und nicht erst die Eintragung der Auflösung im Handelsregister.

Auf Grundlage dieser Liquidationseröffnungsbilanz wird sodann die Gesellschaft im weiteren Verlauf abgewickelt.

  1. Vergütung der Liquidatoren

Sofern die Vergütung des Liquidators nicht durch Gesellschafterbeschluss gesondert festgelegt wird, steht ihm gemäß § 612 BGB eine „übliche“ Vergütung zu.

Diese Üblichkeit bemisst sich nach einem Urteil des BGH wegen der Vergleichbarkeit der Tätigkeit eines Liquidators mit den Aufgaben eines Insolvenzverwalters in entsprechender Anwendung der Vergütungsbestimmungen für Insolvenzverwalter (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 – II ZR 199/03).

Etwas anderes gilt für den Fall, dass der bisherige Geschäftsführer als sog. geborener Liquidator das Amt des Liquidators übernimmt. Dieser setzt sein Dienstverhältnis zur GmbH fort, so dass für dessen Gehalt grundsätzlich auch die bisherigen vertraglichen Regelungen weiter gelten (siehe Baumbach/Hueck/Haas, 22. Aufl. 2019 Rn. 17, GmbHG § 66 Rn. 17). Bei der Liquidation einer Gesellschaft spricht man daher auch von einer Geschäftsführung mit geändertem Zweck.

  1. Gläubigeraufruf

Die Auflösung der Gesellschaft muss von den Liquidatoren außerdem unverzüglich in den Geschäftsblättern bekannt gemacht werden gem. § 65 Abs. 2 GmbHG. Bei den Geschäftsblättern handelt es sich mittlerweile um den elektronischen Bundesanzeiger. Eine Veröffentlichung in „Papierform“ findet also nicht mehr statt.

Durch den Gläubigeraufruf werden die Gläubiger zum einen über die eigentliche Auflösung unterrichtet, zum anderen werden diese hiermit sogleich aufgefordert, sich bei der Gesellschaft zu melden. Ein Gläubigeraufruf hat somit in folgender Form (beispielhaft) zu erfolgen:

„Die (Name) GmbH ist aufgelöst. Die Gläubiger der Gesellschaft werden aufgefordert, sich bei der Gesellschaft zu melden.“ Unterzeichnet wird dieser Aufruf sodann von sämtlichen namentlich genannten Liquidatoren, versehen mit dem Zusatz „Die Liquidatoren“.

  1. Sperrjahr

Das Sperrjahr für die Gesellschaft beginnt gem. § 73 Abs. 1 GmbHG mit der Bekanntmachung der Auflösung und dem Gläubigeraufruf im elektronischen Bundesanzeiger. Genauer gesagt beginnt das Sperrjahr also mit dem Tag, an welchem der Gläubigeraufruf veröffentlicht wurde. Wird also die Gesellschaft beispielsweise zum 31.12.2020 durch Beschluss aufgelöst und dies  sodann an den Bundesanzeiger übermittelt, ist davon auszugehen, dass die Veröffentlichung einige Tage danach erfolgt und das Sperrjahr beginnt.

Während der Dauer dieses Sperrjahres ist es der Gesellschaft untersagt Ausschüttungen an die Gesellschafter vorzunehmen. Die Regelung dient somit dem Gläubigerschutz, da die Gläubiger der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern vorrangig zu befriedigen sind.

Erst nach Ablauf des Sperrjahres endet die Kapitalbindung und es kann zu einer Verteilung des (sofern vorhanden) Vermögens an die Gesellschafter kommen.

  1. Liquidationsschlussbilanz

Schließlich ist eine Liquidationsbilanz aufzustellen und zu veröffentlichen. Die Pflicht zur Erstellung einer Liquidationsabschlussbilanz ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich jedoch aus der allgemein gültigen Pflicht der Gesellschaft zur Rechnungslegung.

  1. Vermögensverteilung

Nach Ablauf des Sperrjahres und Befriedigung aller Gläubiger, darf das noch vorhandene Vermögen an die Gesellschafter verteilt werden. Das Vermögen wird dabei gem. § 72 GmbHG an die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile verteilt, sofern nicht durch Gesellschaftsvertrag ein anderes Verteilungsverhältnis vorgesehen ist.

Ergibt die Liquidationsschlussbilanz im Rahmen der hierin aufzustellenden Gewinn- und Verlustrechnung eine negative Differenz, so kommt es zu keiner Verteilung an die Gesellschafter. Eine entsprechend anteilige Nachschusspflicht der Gesellschafter besteht jedoch auch nicht.

Den Zahlungsanspruch auf Ausschüttung des anteiligen Liquidationserlöses haben ebenfalls die Liquidatoren zu erfüllen, auch wenn sich der eigentliche Auszahlungsanspruch gegen die Gesellschaft als solche richtet. Einen entsprechenden Auszahlungsbeschluss der Gesellschaft bedarf es hierbei jedoch nicht.

  1. Erstellung einer Schlussrechnung

Schließlich haben die Liquidatoren nach § 74 Abs. 1 GmbHG eine sog. Schlussrechnung zu erstellen. Diese deckt sich inhaltlich größtenteils mit der bereits aufgestellten Liquidationsschlussbilanz. Ergänzt wird diese Schlussrechnung jedoch vor allem noch um die erfolgte Verteilung des Liquidationserlöses (sofern vorhanden und erfolgt) an die Gesellschafter.

  1. Löschung der Gesellschaft /Beendigung der Liquidation

Von der Beendigung der Liquidation spricht man dann, wenn sämtliche Abwicklungsmaßnahmen abgeschlossen sind. Hieran schließt sich sodann die Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister an. Die Anmeldung der Löschung beim Handelsregister hat ebenfalls wieder der Liquidator vorzunehmen. Auch diese Anmeldung hat in notariell beglaubigter Form zu erfolgen.

Erst mit der Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister existiert diese rechtlich nicht mehr.

  1. Aufbewahrungspflichten

Allerdings bestehen auch nach Beendigung der Liquidation noch dahingehend Pflichten für die Gesellschaft, als dass Bücher und Schriften der Gesellschaft gem. § 74 Abs. 2 S. 1 GmbHG noch für weitere 10 Jahre zu verwahren sind.

Die Aufbewahrungspflicht umfasst dabei sowohl körperliche als auch elektronische Unterlagen.

Nicht von der Pflicht nach § 74 Abs. 2 S. 1 GmbHG sind nur solche Unterlagen, deren gesetzlich festgeschriebene Aufbewahrungsfrist im Sinne der § 257 HGB oder § 147 AO bereits abgelaufen sind.