Welche Haftungsrisiken drohen dem GmbH Geschäftsführers im Falle der Insolvenz?
Keine Gesellschaft und kein GmbH Geschäftsführer der Welt sind vor dem Risiko einer Krise oder gar der Insolvenz der GmbH gefeit. Zu unberechenbar ist das Wirtschaftsleben und zu plötzlich können Innovationsschübe die unternehmerische Vormachtstellung hinwegfegen.
Ist die Krise da muss es oft schnell gehen. Schnelle Entscheidungen des GmbH Geschäftsführers sind gefragt, ohne dass diese genau geprüft und abgewogen werden können. Verbunden mit dem erhöhten Stresslevel können leicht Fehlentscheidungen getroffen werden, die zu einer GmbH Geschäftsführerhaftung in der Insolvenz führen können.
Zu beachten gilt stets: Während zwar die Haftung der Gesellschaft begrenzt ist, haftet der Geschäftsführung gegenüber der GmbH unbegrenzt mit seinem gesamten Vermögen.
Haftungsfallen in der Insolvenz
1. Zahlungen durch den GmbH Geschäftsführer in der Krise
In der Krise geht der Gesetzgeber bereits von einem worst case Szenario aus und will vermeiden, dass die letzten Werte der Gesellschaft, welche die Gläubigerforderungen decken sollen, durch den GmbH Geschäftsführer verschleudert werden. Gleichzeitig soll die Krise einer GmbH nicht dadurch noch verschärft werden, dass jegliche Zahlungen von einem Tag auf den anderen unterbunden werden.
Diesen Spagat der Interessenlagen hat der Gesetzgeber mit § 64 GmbHG versucht auszugleichen.
Danach haftet der Geschäftsführer einer GmbH für diejenigen Zahlungen, die er nach Feststellung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leistet. Ausgenommen sind jedoch solche Zahlungen, die auch zu einem solchen Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Ebendies gilt auch für Zahlungen an die Gesellschafter, wenn diese zu einer Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten.
Eine Definition der Zahlungsunfähigkeit findet sich in § 17 InsO:
Danach liegt eine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn fällige Zahlungspflichten nicht mehr erfüllt werden können, wobei dies vermutet wird, wenn Zahlungen eingestellt wurden.
Zwei Abgrenzungen sind allerdings vorzunehmen.
- Zahlungsstockung: Wenn die Gesellschaft in der Lage ist die nötigen Mittel zur Begleichung der offenen Posten innerhalb von drei Wochen aufzutreiben.
- Nur geringfügige Liquiditätslücken, wenn der innerhalb von drei Wochen zu beseitigenden Engpass weniger als 10% der fälligen Gesamtverbindlichkeiten beträgt. Ausgenommen ist jedoch eine negative Fortführungsprognose.
Eine Definition der Überschuldung ergibt sich aus § 19 InsO:
Danach liegt eine Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners seine Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Es ist allerdings eine Fortführungsprognose anzustellen
Im Ergebnis bedeutet das, dass Schmälerungen der Insolvenzmasse, die nicht der Sorgfalt eines Krisengeschäftsführers entsprechen dadurch sanktioniert werden, dass der Geschäftsführer der diese veranlasst für die Zahlungen mit seinem Privatvermögen einzustehen hat.
In der Praxis ist die Anwendung des § 64 GmbHG extrem schwierig und kompliziert und bestimmt damit maßgeblich die Haftung des Geschäftsführers in der Insolvenz! Insbesondere das Erkennen einer Insolvenzreife und damit einhergehend das genaue Fixieren der Dreiwochenfrist ist in der Praxis äußerst komplex und beschäftigt die Gerichte immer wieder. Im Schnitt wird in Deutschland eine Insolvenz oftmals bis zu zwei Jahre zu spät gestellt. Für alle Zahlungen in der Zwischenzeit greift die Regelung des § 64 GmbHG.
Eine der Kernpflichten des Geschäftsführers ist es dementsprechend die wirtschaftliche Lage der GmbH genau im Blick zu haben und eine mögliche Insolvenzreife zu prüfen. Es reicht hierbei nicht, dass der Geschäftsführer sich redlich bemüht. Reichen seine Fähigkeiten nicht aus, ist er nach der Rechtsprechung verpflichtet externen fachkundigen Rat hinzuzuziehen und auf eine alsbaldige Überprüfung hinzuwirken.
2. Haftung des GmbH Geschäftsführers bei Insolvenzverschleppung
Eng zusammenhängend mit den oben geschilderten Schwierigkeiten der genauen Taxierung der Insolvenzreife sind die Konsequenzen die bei Verschleppung der Insolvenz durch den GmbH Geschäftsführer drohen.
Wichtig ist, dass hier nicht nur bei zivilrechtlichen Haftungsrisiken bleibt. Eine Insolvenzverschleppung kann auch zu einer strafrechtlichen Verurteilung nach § 15a IV InsO führen.
Nach § 15a I InsO muss der Insolvenzantrag bei Insolvenzreife ohne schuldhaftes Verzögern, spätestens jedoch nach drei Wochen gestellt werden. Wird dies unterlassen droht ein Strafmaß von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Auch in gewerberechtlicher Hinsicht drohen Konsequenzen. Zu beachten ist auch, dass ein Insolvenzantrag eines Gläubigers jederzeit zurückgenommen werden kann. Die Eigenpflicht zur Stellung des Insolvenzantrags durch den GmbH Geschäftsführer bleibt dementsprechend bestehen.
Aber auch die rein materiellen Haftungsrisiken des Geschäftsführers in der Insolvenz sind immens. Wird die Insolvenz verschleppt, bejahen die Gerichte eine Haftung nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Diese Haftung tritt vor allem auch gegenüber Drittgläubigern der Gesellschaft ein, welche durch die verspätete Insolvenzeröffnung ihre Forderungen nicht mehr oder im geringeren Ausmaß realisieren können. Besonders die Finanzverwaltung im Bezug auf Steuerausstände und die Sozialverwaltung sind sehr erpicht, sich wenigstens auf diesem Wege Ihre Forderungen zurückholen zu können.
Fazit und Empfehlung
Wie gezeigt ist die Haftung des GmbH Geschäftsführers in der Insolvenz auf keinen Fall auf die leichte Schulter zu nehmen. Auch wenn das in der Krise vielleicht finanziell schwer fällt, ist die Einholung eines Expertenrates unvermeidbar und vermutlich die beste Investition die Sie tätigen können.
Rechtsanwalt Jan Köster, hat als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht nicht nur das juristische know-how Sie beim Umschiffen der Haftungsrisiken in der Krise zu unterstützen. Er hat auch jahrelange Erfahrung in der Krisenberatung von mittelständischen GmbHs und UGs. Verlieren Sie keine Zeit und vereinbaren Sie einen Termin in den Münchener Kanzleiräumen oder einen Telefontermin. Mandate in der Krise oder Insolvenz werden terminlich stets priorisiert!
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.