Das OLG Koblenz darüber zu entscheiden, wann bei der GmbH eine sog. actio pro socio zulässig ist. Bei der actio pro socio handelt es sich um die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft durch einen Gesellschafter im eigenen Namen gegen einen Mitgesellschafter. In dem zu entscheidenden Falle klagte ein Gesellschafter aus eigenem Recht auf Leistung an die Gesellschaft. Das OLG Koblenz hat die Anwendbarkeit dieses Rechtsinstituts für die GmbH ein weiteres Mal eingeschränkt, indem es urteilte, dass eine actio pro socio zur Verfolgung von Ersatzansprüchen der GmbH gegen einen (geschäftsführenden) Gesellschafter— anders als bei den Personengesellschaften – nur ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn die vom GmbH-Gesetz bereitgestellten Rechtsinstrumente versagen.
In dem entschiedenen Fall waren der Kläger und der Beklagte zu je 50 % Gesellschafter und beide auch Geschäftsführer der streitgegenständlichen GmbH. Der Kläger (nämlich der Gesellshafter-Geschäftsführer persönlich) macht gegen den Beklagten als seinen Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer, Ansprüche geltend, die daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte gegen ein Wettbewerbsverbot gegenüber der Gesellschaft verstoßen habe.
Zwar sei für die GmbH wird die Möglichkeit einer actio pro socio grundsätzlich anerkannt. Diese komme aufgrund der Regelungen des GmbH-Gesetzes nur dann in Betracht, wenn diese gesetzlich normierten Instrumente versagen. Bei der GmbH besteht also eine Subsidiarität der Gesellschafterklage gegenüber der Klage der Gesellschaftsorgane. Auch bei einer Untätigkeit der GmbH-Organe seien zunächst die rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auszuschöpfen, die dem Gesellschafter nach dem GmbHG in diesem Fall zur Verfügung stehen. Insoweit müsse die GmbH insbesondere einen Gesellschafterbeschluss darüber fassen, ob die im Raume stehenden Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Genau dieser Weg hätte dem klagenden Gesellschafter offengestanden, da der Beklagte als einziger Mitgesellschafter nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG in der Beschlussfassung über diesen Tatbestand nicht stimmberechtigt gewesen wäre. Auch hätte der Beklägte bei diesem Rechtsstreit wegen des Verbotes eines In-Sich-Prozesses nicht die namens der GmbH erhobene Klage zurücknehmen können, da er insoweit von der Vertretung der GmbH ausgeschlossen war.
Kommentar:
Bevor ein GmbH-Gesellschafter persönlich seinen Mitgesellschafter in Anspruch nimmt, ist immer zu prüfen, ob dieser Anspruch nicht (auch) von der GmbH geltend gemacht werden könnte. Dabei ist zu beachten, dass nach der Vorschrift des § 47 GmbHG ein Gesellschafter dann kein Stimmrecht in der Gesellschaft hat, wenn er durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll oder wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber dem Gesellschafter betrifft – mithin in vielen Fällen einer Interessenkollision. In derartigen Konstellationen ist die Fassung eines Gesellschafterbeschlusses und die Klage der GmbH jedenfalls vorzugswürdig, da die Klage eines Gesellschafters als demgegenüber subsidiär zurücktritt.
OLG Koblenz, Urt. v. 8.4.2010 — 6 U 207/09 (rechtskräftig)
Jan Köster
Die kanzleiköster ist eine auf das Gesellschaftsrecht spezialisierte Boutique-Kanzlei in Münchens Museums- und Universitätsviertel Maxvorstadt.