Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann es in bestimmten Fällen durchaus Sinn machen den GmbH Sitz zu verlegen. So locken beispielweise steuerliche Vorteile, die Nähe zum Absatzmarkt aber auch die Umgehung unliebsamer Gründungsvoraussetzungen. Die deutsche Regelung einer Sitzverlegung hat, getrieben durch die europarechtliche Rechtsprechung, eine Kehrtwende vollzogen.
Zu differenzieren ist nach wie vor zwischen dem Satzungssitz und dem Verwaltungssitz der Gesellschaft. Nach der alten Fassung des § 4a II GmbHG musste die Satzung in aller Regel den Verwaltungssitz der Gesellschaft zwingend auch als Sitz der Gesellschaft bestimmen. Dies bedeutete, dass sich sowohl der Verwaltungssitz als auch der Satzungssitz der Gesellschaft zwingend im Inland befinden mussten.
Nach einer Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes, welche sich allerdings alle mit dem Zuzug ausländischer Gesellschaften befassten (Centros, Überseering, Inspire Art), wurde die bisherige deutsche Rechtspraxis durch die MoMiG-Reform abgeändert. Durch diese Urteile wurde festgelegt, dass Gesellschaften, welche in einem EU-Mitgliedsstaat gegründet wurden aufgrund der Niederlassungsfreiheit auch als solche von den anderen Mitgliedsstaaten anzuerkennen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Gründung in einem anderen Mitgliedsstaat und der anschließenden Verschiebung des Verwaltungssitzes in einen anderen Staat nur die Gründungsvorschriften des zweiten Staates umgangen werden sollen. Da die deutsche GmbH in Hinblick auf die erweiterte Mobilität anderer Gesellschaftsformen nicht ins Hintertreffen gelangen sollte, wurde § 4 GmbHG durch das MoMiG dahingehend abgeändert, dass nunmehr nur noch der Satzungssitz zwingend im Inland liegen muss.
Solange der Satzungssitz im Inland verbleibt, ist es also möglich, den Verwaltungssitz und mit ihm die gesamte geschäftliche Tätigkeit in das europäische Ausland zu verlagern. Soll allerdings der Satzungssitz ins Ausland verschoben werden, ist der hierfür nötige Gesellschafterbeschluss zugleich als Auflösungsbeschluss anzusehen. Es muss demnach eine neue Gesellschaft nach dem Recht des anderen Mitgliedsstaates gegründet werden. Dies ist auch sinnig, da der Satzungssitz für Gläubiger, Minderheitsgesellschafter, Arbeitnehmer und dem Fiskus als Vertrauensgrundlage dient. An diesen knüpfen sich nicht nur die gerichtliche Zuständigkeiten, durch diesen wird die Gesellschaft und ihr Vermögen auch auffindbar gemacht.
Benno von Braunbehrens
Nach seinem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität mit Schwerpunkt Kapitalgesellschaftsrecht absolvierte er sein Referendariat an dem Oberlandesgericht München. Seine Ausbildung führte ihn u.a. zu einem Venture Capital Fond in Kopenhagen, wie einer großen Wirtschaftskanzlei in New York.