Vor- und Nachteile der Aktiengesellschaft (AG) – Überblick

Eines muss man festhalten – die Aktiengesellschaft hat einen gewissen Nimbus. Nicht umsonst firmieren ca. 3/4 der größten und erfolgreichsten Unternehmen in Deutschland unter dieser Rechtsform. Es gibt allerdings durchaus viele Anwendungsbereiche für den Mittelstand oder Startups vor dem Exit.

Dieser Artikel soll die Aktiengesellschaft vorstellen und eine Übersicht über die Vor- und Nachteile bieten!

Was ist eine Aktiengesellschaft (AG)?

Vor über 400 wurde mit der Ostindien-Kompagnie die erste Aktiengesellschaft in den Niederlanden gegründet. Ohne deren Erfindung wäre die Menschheitsgeschichte sicherlich anders verlaufen. Die Aktiengesellschaft ist das perfekte Vehikel um für kapitalintensive Vorhaben das Geld der Aktionäre mit dem Sachverstand des Vorstands zusammenzuführen. Und das ganze bei übersichtlichem Haftungspotenzial für die Aktionäre.

Die Aktiengesellschaft zählt zu den Kapitalgesellschaften und ist als solche eine juristische Person. Im Gegensatz zu den natürlichen Personen oder auch Personengesellschaften ist bei dieser die Haftung auf das Grundkapital beschränkt. Das Privatvermögen der Aktionäre als Gesellschafter bleibt hingegen außen vor. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung haftet potenziellen Gläubigern natürlich nicht nur das Grundkapital der Gesellschaft. Dieses stellt nur einen garantierten Minimalschutz dar. Darüber hinaus haftet jegliches sonstiges Vermögen der Gesellschaft (nicht jedoch das der Gesellschafter).

Geführt wird die Aktiengesellschaft von einem Vorstand, welcher weitgehend frei agieren kann. Er wird allerdings durch einen Aufsichtsrat beaufsichtigt. Im Gegensatz zur GmbH ist das Recht der Aktionäre als Gesellschafter weitgehend auf die Rechte in der Hauptversammlung reduziert. Auf das operative Tagesgeschäft haben sie hingegen kaum Einfluss.

Übersicht über Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung der AG
Wie wirken die verschiedenen Organe der Aktiengesellschaft miteinander.

Die Aktiengesellschaft ist zwar wegen eines erhöhten Gründungs- und Verwaltungsaufwands nicht so weit verbreitet wie die GmbH (Verhältnis ca. 1:69), sie ist allerdings für größere Vorhaben oft das Mittel der Wahl. Insbesondere ist sie im Gegensatz zur GmbH börsenfähig. Strebt man dementsprechend einen Börsengang (IPO) an, so muss die GmbH zuvor in eine AG oder SE umgewandelt werden. Das heißt allerdings nicht, dass die Aktiengesellschaft zwingend einen sehr großen Kreis an Aktionären hat. Während früher mindestens fünf Aktionäre sich zur Gründung zusammenschließen mussten, ist heute auch eine Ein-Mann-Gründung zulässig. Für die sogenannte „kleine AG“ hält der Gesetzgeber einige Vereinfachungen bereit, auf welche noch eingegangen wird.

 

Vor- und Nachteile der Aktiengesellschaft

Eine ganz wesentliche Frage der Gründungsberatung ist oft die Wahl der richtigen Rechtsform. Die Entscheidung wird meist aus verschiedenen operativen und steuerlichen Erwägungen getragen und kann so pauschal nicht in einem Artikel beantwortet werden. Zu verschieden sind die möglichen Anwendungsszenarien. Was allerdings dargestellt werden kann ist ein grober Überblick über die Vor- und Nachteile der Aktiengesellschaft

Vorteile insbes.:

  • Rechtsform genießt sehr guten Ruf bei Banken / Geschäftspartnern
  • Ohne Umwandlung börsenfähig
  • Haftungsbeschränkung
  • Aktien leicht zu übertragen (insbes. ohne Notar)
  • Kapitalsammelfunktion unabhängig von teuren Bankkrediten
  • Sehr großer Gesellschafterkreis möglich, da Vorstand weitgehend autonom führt
  • Kontrolle durch Aufsichtsrat
  • Unternehmenskontinuität auch bei Gesellschafterwechsel

Nachteile insbesondere:

  • Relativ hoher Gründungsaufwand
  • Im Vergleich zur GmbH höheres Grundkapital – € 50.000,00 statt € 25.000,00
  • Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung bedeuten hohen Organisationsaufwand und Kosten
  • Vergleichsweise hohe Verwaltungskosten
  • Wenig Einfluss der Aktionäre auf Handlungen des Vorstands

 

Wie wird die Aktiengesellschaft gegründet?

Eine Aktiengesellschaft entsteht entweder durch klassische Gründung oder durch Umwandlung einer anderen Gesellschaftsform in eine Aktiengesellschaft. Die Umwandlung nach § 190ff. UmwG ist insbesondere dann relevant, wenn eine etablierte Unternehmung an die Börse gebracht werden soll. Auch eine der Exit Varianten erfolgreicher Start-Ups.

Die klassische Gründung verläuft in verschiedenen Phasen:

  • Mit der Entscheidung eine AG zu gründen entsteht unter den Gründungswilligen eine Vorgründergesellschaft in Form der GbR, deren Zielsetzung die spätere Gründung ist
  • Unter Beteiligung eines Notars stellen die Gründer die Satzung der Aktiengesellschaft fest. Zugleich übernehmen die Gründer sämtliche Aktien gegen Einlagen. Sie verpflichten sich mit der Zeichnung die Einlagen entsprechend ihrer Beteiligung zu leisten. Dieses Stadium nennt man Vor-AG.
  • Die Gründer bestellen den ersten Aufsichtsrat und den Abschlussprüfer. Dieser Vorgang ist ebenfalls notariell zu beurkunden. Der Aufsichtsrat bestimmt daraufhin den ersten Vorstand.
  • Gründungsbericht wird erstellt und die Gründung nach §§ 33 f. AktG durch Vorstand und Aufsichtsrat (ggf. auch durch den Gründungsprüfer) geprüft.
  • Nachdem die Gründer die Mindesteinlagen erbracht haben, melden Gründer, Aufsichtsrat und Vorstand gem. § 36 I AktG die Eintragung in das Handelsregister an. Es ist hierbei zu erklären, dass die Einlagen erbracht sind und zur freien Verfügung des Vorstandes stehen.
  • Nach Prüfung durch das Registergericht wird die Aktiengesellschaft eingetragen und entsteht hiermit. Vor-AG und die spätere AG sind jedoch identisch, da ein identitätswahrender Rechtsformwechsel stattfindet.

Zu beachten ist, dass das Recht der Aktiengesellschaft, im Gegensatz zur GmbH, nach § 23 V AktG von der Satzungsstrenge geprägt ist. Von den Bestimmungen des Aktiengesetzes darf nur dann abgewichen werden, wenn dies ausdrücklich geregelt ist. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Aktionärskreis meist deutlich größer ist als der Gesellschafterkreis einer GmbH. Es würde die Investitionsbereitschaft deutlich einschränken, wenn Aktionäre vor jeder Investitionsentscheidung einen Rechtsanwalt beauftragen müssten, um exotische Regelungen in der Satzung aufzuspüren. Innerhalb der Satzungsstrenge macht es jedoch immer Sinn die Satzung an die individuellen Bedürfnisse anzupassen.

Praxistipp:

Auch in der Gründungseuphorie sollte man nicht übereilt vorgehen. Man sollte sich direkt und intensiv mit den Regelungsmöglichkeiten der Satzung auseinandersetzen weil eine spätere Änderung im Gegensatz zur GmbH deutlich aufwändiger ist. So muss eine Hauptversammlung einberufen werden, welche mit teilweise hohen Kosten verbunden ist. Dort bedarf es gem. § 179 II AktG einer qualifizierten Mehrheit. Zudem lösen Satzungsänderungen erneute Notarkosten aus.

Bar- und Sachgründung bei der Aktiengesellschaft

Auch bei der Aktiengesellschaft kann eine Bar- und Sachgründung erfolgen. Es kann also grundsätzlich das Grundkapital bar eingezahlt werden auf ein Konto der Gesellschaft. Es können aber auch Vermögensgegenstände in die Gesellschaft eingebracht werden, um die Einlagepflicht zu erfüllen.

Die Sacheinlage reduziert zwar den Liquiditätsbedarf, um die gläubigerschützende Funktion der realen Kapitalaufbringung nicht zu gefährden, ist die Sacheinlage jedoch an strenge Voraussetzungen gebunden. Der Vermögensgegenstand muss einen feststellbaren Wert haben und dieser muss taxiert und dokumentiert werden. Dies ist sowohl in der Satzung als auch in dem anzufertigenden Gründungsbericht aufzunehmen. Grundsätzlich ist der Wert der Sacheinlage gem. § 33 II Nr. 4 AktG auch durch einen externen Gründungsprüfer festzustellen. Ausnahmen regelt nur § 33a AktG. Damit gehen wieder Kosten einher. Zu beachten ist auch die gesetzliche Regelung zu der sog. verdeckten Sacheinlage. Hier wird zwar das Geld eingezahlt, zuvor wurde jedoch vereinbart, dass die AG mit dem Geld Gegenstände des Einlegers erwirbt. Früher führte ein solches Vorgehen zu der Nichtigkeit des Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfts, so dass die Geldeinlage als nicht erbracht angesehen wurde und voll nachgefordert werden konnte. Durch das ARUG wurde § 27 III AktG überarbeitet und deutlich entschärft. Zwar besteht die Einlagepflicht fort, der eingebrachte Wertgegenstand kann jedoch angerechnet werden. Der Aktionär ist allerdings hinsichtlich des Wertes des Gegenstandes beweisbelastet und hat ggf. die Differenz zwischen Einlageverpflichtung und Wert zu begleichen.

Neben den Vorschriften zur Kapitalerbringung ist auch die Kapitalerhaltung streng geregelt. Aus Gläubigerschutzgründen soll verhindert werden, dass das einmal aufgebrachte Grundkapital wieder an die Aktionäre zurückfließt. Anders als in der GmbH darf ausschließlich der Bilanzgewinn ausgeschüttet werden! An dem Ausschüttungsverbot nimmt also nicht nur das Grundkapital teil sondern das gesamte AG Vermögen. Es müssen also auch Verluste der Vorjahre ausgeglichen werden bevor wieder Ausschüttungen erfolgen können. Ausnahmen bilden allerdings Zahlungen, welche von einem vollwertigen Rückzahlungsanspruch gedeckt sind gem. § 57 I 3 AktG sowie Zahlungen im Rahmen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages nach § 29 I AktG.

 

Beendigung der Aktiengesellschaft – Liquidation und Insolvenz

In der Praxis wird eine AG selten freiwillig liquidiert. Ist die Aktiengesellschaft erfolgreich wird sie entweder weitergeführt oder verkauft. In der Praxis wird die Aktiengesellschaft damit meistens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens abgewickelt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt nach § 262 I AktG einen Auflösungsgrund für die Gesellschaft dar.

Die Auflösung ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Hierdurch verschwindet die Gesellschaft allerdings nicht direkt von der Erdoberfläche, da es in aller Regel noch Verteilungsmasse und Abwicklungspotenzial gibt. Es wird vielmehr zunächst die Abwicklung der Gesellschaft durch die Vorstände als Abwickler vorangetrieben. Diese Abwicklungstätigkeiten bilden auch den neuen Gesellschaftszweck. Die Gläubiger werden hierbei aufgefordert Ansprüche gegen die Gesellschaft anzumelden. Damit hierfür ausreichend Zeit besteht, tritt die Gesellschaft in ein Sperrjahr ein. Erst danach dürfen eventuell vorhandene Überschüsse an die Aktionäre verteilt werden. Mit dieser Verteilung endet dann die Abwicklung. Die Abwickler melden daraufhin die Beendigung der Abwicklung an woraufhin die Gesellschaft nach § 273 I 2 AktG gelöscht wird.

 

Fazit:

Bei der Aktiengesellschaft handelt es sich um eine spannende Rechtsform, welche in der Praxis durchaus ihre Vorteile und Stärken hat. Sie geht allerdings mit einem erhöhten Kosten- und Verwaltungsaufwand einher. Ob die AG sich für Ihr Geschäftsvorhaben eignet, sollten Sie daher unbedingt mit einem spezialisierten Rechtsberater besprechen. Gerne können Sie hierfür einen Termin  in den Kanzleiräumen in München oder einen Telefontermin vereinbaren.